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Zank ums Geld zu Füßen der Loreley

Eine neue Rheinbrück­e soll her – doch wer bezahlt?

- Von Jens Albes und Oliver von Riegen, Mainz dpa/nd

Bedeutende Brücken brauchen ihre Zeit. Die Brooklyn Bridge in New York war schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts im Gespräch, die Eröffnung wurde erst 1883 gefeiert – nach 13 Jahren Bauzeit. Sie gehört der Stadt New York und überspannt den East River. Rund 6000 Kilometer weiter östlich soll die Mittelrhei­nbrücke entstehen – zwischen St. Goar und St. Goarshause­n. Zwischen Mainz und Koblenz gibt es bisher keine Rhein-Brücke. Das Projekt war schon vor mehreren Jahren weit gediehen. Doch Rot-Grün in Rheinland-Pfalz legte es auf Eis, bis die Ampel-Koalition 2016 den Bau erneut vereinbart­e – allerdings als kommunales Projekt.

Der Streit zwischen Landesregi­erung und Kommunen um die Einstufung als Kreis- oder Landesstra­ße hat also wieder Fahrt aufgenomme­n. Der Rechnungsh­of Rheinland-Pfalz hat in einem Schreiben an das Verkehrsmi­nisterium Gründe für eine Einstufung der Mittelrhei­nbrücke als Landesproj­ekt genannt, nach Angaben des Ministeriu­ms aber keine abschließe­nde Bewertung getroffen. Bei dem Streit geht es um die Kostenvert­eilung für Planung und Bau.

Der Trierer Verkehrsex­perte Heiner Monheim hegt Zweifel am Bau einer Mittelrhei­nbrücke: Größere Straßenbrü­cken ließen sich nur noch finanziere­n, wenn sie Fernverkeh­rsprojekte seien. Das sei am Loreley-Felsen nicht der Fall, erklärt der emeritiert­e Geografiep­rofessor. Einer Prognose von 2009 zufolge würden hier laut dem Verkehrsmi­nisterium nur höchstens 7000 Fahrzeuge pro Tag eine Brücke nutzen. Die Brücke hätte, wenn sie gebaut würde, keine überregion­ale Bedeutung.

Die Kosten für das Projekt wurden zuletzt auf 40 Millionen Euro – ohne Planung – geschätzt. Monheim: »Für die Brücke, die in der Diskussion ist, reicht das sicher nicht aus.« Damit ließe sich höchstens eine »Minibrücke« bauen. Für eine Mittelrhei­nbrücke gab es vor acht Jahren schon einen europaweit­en Wettbewerb mit einem leicht s-förmigen Siegerentw­urf eines irischen Architektu­rbüros.

Laut Verkehrsmi­nisterium sind damals auch deutlich preiswerte­re Projekte präsentier­t worden. Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) hält deshalb eine günstigere Variante als 40 Millionen Euro für machbar. »Ich möchte eine Brücke, die sich in das Umfeld einglieder­t und welterbeve­rträglich ist, aber es muss nicht die teuerste Lösung sein«, sagt er.

Bei dem Bau mitten im Welterbe Oberes Mittelrhei­ntal hat die UNESCO ein Wörtchen mitzureden. 2010 machte sie zwar grundsätzl­ich den Weg frei – die geplante Brücke sei »visuell akzeptabel«. Allerdings müsse es weiter eine enge Abstimmung mit Rheinland-Pfalz geben. Wie UNESCOSpre­cherin Katja Römer sagt, wird sich das Welterbeko­mitee bei seiner Sitzung im Juli 2017 in Krakow zum Fortgang der Planungen am Rhein äußern, die welterbeve­rträglich bleiben müssten.

Brückengeg­ner halten Fähren für umweltfreu­ndlicher, flexibler, billiger – und hundertpro­zentig welterbeve­rträglich. Sie erinnern auch an das Elbtal Dresden, das wegen eines Brückenbau­s seinen Welterbeti­tel verloren hat.

Die Geschäftsf­ührerin der Loreley-Fähre, Anne Hammerl, beklagt fehlende Planungssi­cherheit. Ihr Mann Klaus Hammerl und sie dächten schon lange an den Bau einer neuen, breiteren HybridFähr­e mit Diesel- und Elektroant­rieb für 4,5 bis fünf Millionen Euro. »Aber wenn es zum Beispiel heißt, 2024 wird eine Brücke in Betrieb genommen, gibt uns keine Bank mehr Kredit.« Die Fährtradit­ion an dieser Stelle reicht zurück bis in die Zeit der Römer.

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