Thüringer fragen kritischer nach
Landesdatenschützer: Für Kameras im öffentlichen Raum besteht Meldepflicht
Erfurt. Die Thüringer sehen nach Einschätzung des Landesdatenschützers Lutz Hasse Videokameras auf öffentlichen Plätzen zunehmend kritischer. Es gebe viele Nachfragen dazu an sein Haus, sagte Hasse der dpa. Er sprach von »stark steigenden Fallzahlen«. Wie viele es tatsächlich sind, werde statistisch nicht erfasst. Viele fragten etwa nach, wenn Kameras neu angebracht wurden, ob dies rechtens sei. »Aber auch Kommunen wenden sich in zunehmendem Maße an uns«, erklärte Hasse. Nach seinen Angaben erkundigen sie sich nach rechtlichen Grundlagen der Videoüberwachung.
Wie viele Kameras landesweit Straßen und Plätze filmen, darüber liegt Hasse zufolge noch keine abschließende Erhebung vor. »Es gibt aber eine Meldepflicht.« Er habe die Kommunen in einem Schreiben daran erinnert und auf ein Gerichtsurteil aus dem Saarland zu Wildtierkameras verwiesen, erklärte Thüringens oberster
»Die große Welle der Rückmeldung habe ich noch vor mir.«
Datenschützer Hasse Datenschützer. »Die große Welle der Rückmeldung habe ich noch vor mir.« Er rechnet aber damit, dass zumindest viele größere Plätze mittlerweile mit Überwachungstechnik ausgestattet seien.
Vor einer Ausweitung der Videoüberwachung forderte Hasse gesicherte Daten darüber, ob dieses Instrument tatsächlich zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität tauge. »Das sehe ich skeptisch.« Hasse will nach eigenen Angaben in nächsten Wochen Gesprächsrunden mit den zuständigen Stellen dazu in die Wege leiten. »Die gibt es zu diesem Thema noch nicht.« Ergebnis solcher Runde könne auch sein, dass nicht mehr Kameras, sondern mehr Polizisten eingesetzt werden sollten.
Nach Angaben von Hasse können Kommunen nur dann Kameras installieren, wenn es »tatsächliche Anhaltspunkte auf Straftaten« gibt. Die Wahrscheinlichkeit dafür müsse »sehr hoch« sein. »Einfach eine Kamera anbringen nach dem Motto, da könnte etwas passieren, reicht nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht aus.« Nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember hatten sich die Stimmen gemehrt, die mehr Videoüberwachung fordern.
Hasse forderte zudem, dass »am Ende des Kabels auch jemand sitzt und die Bilder auswertet«. Ansonsten sei die Überwachung sinnlos. Sinn und Zweck sei es doch, dass bei einer Gefährdung jemand einschreite und nicht, um im Nachgang zu ermitteln, was passiert sei. Videomaterial könne natürlich die Strafverfolgung erleichtern.
Die Deutschen Bahn hatte in der vergangenen Woche erklärt, den Ausbau der Videoüberwachung in Zügen und auf Bahnhöfen forcieren zu wollen. »Wir verstärken das Programm und stellen zusätzlich zehn Millionen Euro bereit«, sagte Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla der »Süddeutschen Zeitung«. Dabei geht es um den Einsatz neuer Technologien, die etwa automatisch erkennen können, wenn Gepäckstücke auf Bahnhöfen stehen bleiben.
Zusammen mit den bereits eingeplanten Mitteln von Bahn und Bund fließen damit fast hundert Millionen Euro in den Ausbau der Überwachung. Die Bahn hat heute schon 6000 Kamerasysteme an 900 Bahnhöfen und 26 000 Kameras in Zügen installiert. Anfang 2016 waren es nach Angaben des Unternehmens etwa 5000 Kameras an insgesamt 640 Bahnhöfen gewesen.