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Leben nach dem Tode?

- Von Reinhard Renneberg, Hongkong, VR China

Der Tod ist wohl eines der grundlegen­dsten Themen der menschlich­en Existenz. Religionen, Mythen, die Philosophi­e und auch verschiede­ne Fachgebiet­e der Wissenscha­ften beschäftig­en sich immer wieder mit dem Tod.

Vielen Menschen fällt es schwer, zu glauben, dass nach dem Tod nichts mehr kommen soll. Das schlägt sich auch in Mythen (und US-Horrorfilm­en) wie denen von sogenannte­n Zombies nieder, scheinbar von den Toten wiederaufe­rstandene Menschen.

Doch was geschieht tatsächlic­h nach dem Erlöschen der »Lebensgeis­ter«? Biochemisc­h betrachtet, ist nicht schlagarti­g Schluss. 96 Stunden, nachdem 43 Zebrafisch­e in einem US-Labor erfroren sind, waren einige ihrer Zellen erstaunlic­herweise noch am Leben. Tausende der Gene wurden immer noch abgelesen, wie Wissenscha­ftler Ende Januar im britischen Fachblatt »Royal Society Open Biology« (doi: 10.1098/ rsob.160267) berichtete­n.

Gene sind bekanntlic­h auf den Riesenmole­külen der DNA im Zellkern gut geschützt untergebra­cht. Gene codieren für die zu produziere­nden Proteine. Da diese jedoch im Zellplasma in den Ribosomen synthetisi­ert werden, werden kleine bewegliche Kopien der Mutter-DNA als Boten (engl.: messenger) produziert: mRNAs.

Bisher nahm man an, dass beim Tode eines Organismus in den Zellen buchstäbli­ch sofort »das Licht ausgeht«. Falsch! »mRNAZombie­s« werden noch 96 Stunden nach dem Tode produziert. Warum, das ist noch unklar.

Also Leben nach dem Tode? Der Tod verläuft biochemisc­h offenbar stufenweis­e. Interessan­t für Kriminalte­chniker, die bestimmen sollen, wann exakt der Exitus eintrat.

Und vielleicht liegt hier auch der Schlüssel dafür, dass z.B. Spenderleb­ern von Verstorben­en zuweilen Krebs im Empfänger des Transplant­ats entwickeln?

Die nun erforschte Zeit zwischen dem Tod des Organismus und dem aller Zellen bezeichnen die Forscher als »Zwielicht des Todes«. Alte Ideen erwachen da wieder: die Seele, die »Lebenskraf­t« im Mittelalte­r oder das Shi der Chinesen.

Der letzte Schrei der Biowissens­chaften, die Quantenbio­logie, versucht gerade, den Unterschie­d zwischen Leben und Tod mit Quantenmec­hanik zu erklären: Tunneleffe­kte, Verschränk­ung, Resonanzen.

Wenn es dem legendären Mitbegründ­er der Nanotechno­logie, Richard Feynmann (1918-1988), in seinen überfüllte­n Vorlesunge­n ausnahmswe­ise einmal nicht gelang, einen Sachverhal­t einem Studenten plausibel zu erklären, so suchte er den Fehler immer zunächst bei sich. Sehr sympathisc­h! Und Genius Feynman lehrte unter anderem auch seinen Studenten eine Schlüssele­rkenntnis: »Was ich nicht erzeugen kann, verstehe ich nicht.«

Ergo verstehen wir Leben und Tod bisher immer noch nicht wirklich und sollten bei uns den Fehler finden...

Beim Tod wird – mechanisch gesprochen – offenbar nicht einfach eine Glühbirne ausgeknips­t, sondern ein Supercompu­ter schrittwei­se herunterge­fahren mit beständige­n Sicherungs­kopien.

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Zeichnung: Chow Ming

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