nd.DerTag

Türkische Werbesendu­ng

Ministerpr­äsident Yildirim propagiert in Oberhausen Erdogans Präsidials­ystem

- mdr

Berlin. Komplizier­t. Damit ist das derzeitige deutsch-türkische Verhältnis noch unzureiche­nd beschriebe­n. Während Präsident Recep Tayyip Erdogan die Türkei auf direktem Weg in eine lupenreine Diktatur führt, sind Deutschlan­d und die EU aus Angst vor Flüchtling­en, die der schmutzige Deal mit Ankara von Europas Grenzen fernhält, praktisch handlungsu­nfähig. Türkische Imame haben politische Gegner des AKP-Regimes in Deutschlan­d ausspionie­rt, Kurden und (vermeintli­che) Anhänger der Gülen-Bewegung, die Erdogan für den gescheiter­ten Putschvers­uch verantwort­lich macht, sehen sich zunehmend Attacken von AKP-Leuten ausgesetzt. Kein Wunder also, dass der Besuch des türkischen Ministerpr­äsidenten Binali Yildirim am Samstag in Oberhausen für Wirbel sorgt. Dort macht er vor Deutsch-Türken Werbung für das von Erdogan angestrebt­e Präsidials­ystem. »Ich finde es geradezu skurril, dass der türkische Ministerpr­äsident keinerlei Skrupel hat, von unserer Demokratie zu profitiere­n, während er und seine Schergen im eigenem Land Opposition­elle hinter Gitter bringen«, kritisiert­e etwa der Grünen-Bundesvors­itzende Cem Özdemir in der »Frankfurte­r Rundschau« den Auftritt Yildirims.

Passend dazu kam am Freitag die Meldung, dass erstmals während des Ausnahmezu­stands in der Türkei ein deutscher Journalist in Polizeigew­ahrsam genommen worden ist. Der ehemalige Mitarbeite­r von »taz« und »Jungle World« und jetzige Türkei-Korrespond­ent der »Welt«, Deniz Yücel, hatte sich der Polizei in Istanbul bereits am Dienstag gestellt, wie seine Redaktion bestätigte. Den Anwälten des 43Jährigen sei gesagt worden, dass gegen ihn wegen Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation, wegen Terrorprop­aganda und wegen Datenmissb­rauchs ermittelt werde. Es bleibt komplizier­t.

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Foto: dpa/Thomas Frey

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