Brexit-Gegner
Was britische Politiker von George Osborne bis Nicola Sturgeon nicht schafften – eine Abmilderung von Theresa Mays Brexit-Bedingungen –, strebt ein sanfter, 64-jähriger Ex-Beamter an: Lord Dick Newby. Der Führer der oppositionellen Liberaldemokraten im Oberhaus könnte in dieser Woche Premierministerin May Knüppel zwischen die Beine werfen.
Newby, im Industriegebiet von Yorkshire geborener Politikwissenschaftler und Oxford-Absolvent, hat in den 1980er Jahren für die Social Democratic Party von David Owens gearbeitet, bis diese 1990 das Zeitliche segnete. Zusammen mit dem Schotten Charles Kennedy wechselte er zu den Liberaldemokraten, wurde 1997 geadelt und 2012 Geschäftsführer der etwa 100-köpfigen Liberalenfraktion des Oberhauses. Seit Oktober vorigen Jahres steht er den Liberalen Lords vor.
Für Gegenanträge in der Zweiten Kammer hat Newby große Pläne. Dabei rechnet er mit der Unterstützung von Labour- und parteipolitisch unabhängigen Oberhausmitgliedern. So will er schon jetzt ein Bleiberecht für in Britannien lebende EU-Staatsbürger sowie eine parlamentarische Abstimmung nach Abschluss der Verhandlungen mit den anderen 27 EU-Staaten. Labours Oberhaus-Chefin Lady Angela Smith beschwört, den Brexit-Gesetzgebungsprozess in der nicht gewähl- ten Zweiten Kammer nicht unnötig aufhalten zu wollen, unterstützt aber wie Newby Schutzrechte für EU-Bürger und muss im Gegensatz zu ihren Unterhauskollegen keine Rücksicht auf brexitfreundliche Wähler nehmen. Und Lord Pannick, der als Anwalt vor dem Obersten Gericht den Prozess gegen die Regierung gewann, unterstützt Newbys Forderung nach abschließenden Parlamentsabstimmungen.
So gesehen haben die BrexitGegenkräfte im Oberhaus gute Chancen, in Einzelfragen der Tory-Regierung das Leben schwer zu machen. Es droht ein parlamentarisches Ping-Pong-Spiel zwischen beiden Kammern. Allerdings werden Beobachter an den Spruch aus dem Morgenland erinnert: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.