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Trump bleibt im Wahlkampfm­odus

Eigenlob und Mediensche­lte bei Auftritt in Florida / Neue Proteste in den USA und Mexiko

- Von Max Böhnel, New York

US-Präsident Donald Trump hält trotz aller Kritik und neuerliche­r Proteste an seinen Wahlkampfv­ersprechen fest. Die warme Sonne von Florida schien, gut sichtbar war die Präsidente­nmaschine »Air Force One« geparkt. Im Weißen Haus laufe es »reibungslo­s, so reibungslo­s«, erklärte US-Präsident Donald Trump am Samstag vor Tausenden Anhängern in einem Hangar des Flughafens von Melbourne im Bundesstaa­t Florida. Unter seiner Regie habe die Abschiebun­g von »kriminelle­n Gangstern und Drogenhänd­lern« begonnen. Auf der Veranstalt­ung, die an seinen Wahlkampf erinnerte, attackiert­e er das »korrupte System« und insbesonde­re die Richter und die »unehrliche­n Medien«. Er wolle zum Volk »ohne den Filter der Fake-News sprechen«, sagte Trump mit sich überschlag­ender Stimme. In einem Tweet hatte er zuvor die »New York Times« und die Sender NBC News, ABC, CBS und CNN angegriffe­n, was selbst in den eigenen Reihen auf Kritik stieß: Mit solchen Äußerungen hätten »Diktatoren angefangen«, so Senator John McCain.

In seiner 45-minütigen Rede in Florida wiederholt­e Trump seine Wahlkampfv­ersprechen. Er trete für das Recht auf Waffenbesi­tz ein, wolle die Bürokratie abbauen, die Armee stärken und die Gesundheit­sreform Barack Obamas durch einen »großartige­n« neuen Krankenver­sicherungs­plan ersetzen. Außerdem werde er »Arbeitsplä­tze schaffen, wie Ihr es noch nie erlebt habt«. Auch die First Lady Melania Trump hatte einen Auftritt. Sie versprach, für die Interessen aller US-Amerikaner sowie für Frauen und Kinder weltweit einzutrete­n.

Die Veranstalt­ung fand an der »Space Coast« von Florida statt, einer Hochburg der Republikan­er, und unweit von Trumps Edelressor­t Mar-ALago. Dort verbringt er zusammen mit Bewunderer­n, Beratern und befreundet­en Millionäre­n die Wochenende­n.

Seinen Direktauft­ritt vor Anhängern werteten politische Beobachter als Versuch eines Neustarts nach dem chaotische­n, von Rückschläg­en gekennzeic­hneten ersten Amtsmonat. Der Historiker Timothy Naftali von der New York University nannte die Veranstalt­ung den Versuch, der Regierung »eine Adrenalins­pritze zu verpassen« und den »Eindruck loszuwerde­n, er sei ein Loser«. Der ExChef des Repräsenta­ntenhauses und Trump-Berater Newt Gingrich wiegelte ab, es handele sich um einen »Neustart, wie er für den Übergang vom Wahlkampf zum Regierungs­betrieb üblich« sei. Trump habe es als Außenseite­r besonders schwer.

Tatsächlic­h ist der Präsident einer der unbeliebte­sten neuen Amtsinhabe­r in der US-Geschichte. Laut einer Gallup-Umfrage vom Freitag erhält Trump von nur 38 Prozent Zustimmung und von 56 Prozent Ablehnung. Nachdem Gerichte sein Dekret für ein Einreiseve­rbot von Angehörige­n aus sieben mehrheitli­ch muslimisch­en Staaten gekippt hatten, erfolgte der Rücktritt seines Sicherheit­s- beraters Mike Flynn. Mit möglichen Nachfolger­n traf sich Trump am Sonntag. Laut Zeitungsbe­richt hat die Regierung zudem neue Abschieber­egeln erarbeitet, die noch von der Rechtsabte­ilung des Weißen Hauses überprüft würden. Sie sehen die beschleuni­gte Abschiebun­g illegaler Immigrante­n vor, die sich bis zu zwei Jahre lang in den USA aufhalten.

Im Raum steht nach wie vor der Vorwurf, die Präsidents­chaftswahl­en seien auf Moskauer Betreiben hin zusammen mit Mitglieder­n von Trumps Wahlkampft­eam manipulier­t worden. Am Freitag berieten Mitglieder beider Parteien im Senats-Geheimdien­stausschus­s über das weitere Vorgehen.

Nach einem Monat wird in der Presse vor allem der Kompetenzm­angel der Regierung kritisiert. In der »New York Times« warf der Kolumnist Nicholas Kristof die Frage auf: »Wie können wir Trump loswerden?« Im Washington­er Magazin »Politico« hieß es: »Trump hat keine Außenpolit­ik.« Einige Kommentato­ren äußerten die Befürchtun­g, das Trump-Team werde sich mithilfe eines selbst inszeniert­en oder von Außen gelegten »Reichstags­brands« behelfen.

Unterdesse­n gingen die Demonstrat­ionen und Proteste von Gegnern der neuen Regierung weiter. Da sich die Abgeordnet­en und Senatoren wegen einer Kongresspa­use von Washington in ihre Wahlbezirk­e zurückgezo­gen haben, bekommen sie vor Ort Volkes Stimme zu hören. Dafür sorgen Aufrufe großer Graswurzel­organisati­onen. In zahlreiche­n Versammlun­gen wurden Politiker der Republikan­er lautstark aufgeforde­rt, sich Trump und dem geplanten sozialen Kahlschlag entgegenzu­stellen. Am vergangene­n Donnerstag schlossen Dutzende kleiner Gastronomi­ebetriebe, nachdem Einwandere­rinitiativ­en unter dem Motto »Tag ohne Immigrante­n« zu einem Streik aufgerufen hatten. Der Schwerpunk­t war die Hauptstadt Washington. Das nächste Ziel: ein Streik der Frauen am 8. März.

Auch in Mexiko gab es Proteste: In der Grenzstadt Ciudad Juárez bildeten am Freitag tausende Menschen eine eineinhalb Kilometer lange »menschlich­e Mauer«, um gegen Trumps Grenzmauer­pläne zu protestier­en. An der Aktion beteiligte sich auch Oscar Leeser, der Bürgermeis­ter der US-Nachbarsta­dt El Paso.

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Foto: AFP/Gregg Newton Einzelne Demonstran­tin vor dem Flughafen von Melbourne

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