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Kampf ums Gremium

In der SPD-eigenen NW-Verlagsgru­ppe herrscht Streit über den Betriebsra­t

- Von Jörg Meyer

Die Leitung wollte die Betriebsrä­te loswerden und hat darum neue Zustellges­ellschafte­n für die »Neue Westfälisc­he« gegründet, lautet der Vorwurf. Die Geschäftsf­ührung sieht das ganz anders.

In der Auseinande­rsetzung um die Zustelleri­nnen und Zusteller der Lokalzeitu­ng »Neue Westfälisc­he« (NW) eskaliert derzeit der Streit erneut. Es laufe eine »brutale Auseinande­rsetzung um die Senkung von Löhnen und die Zerstörung eines kämpferisc­hen Betriebsra­tes«, heißt es in einem Schreiben, das »nd« vorliegt. Die NW und ihre Zustelltöc­hter sind seit 2016 im alleinigen Besitz der »Deutsche Druck- und Verlagsges­ellschaft mbH«, der Medienbete­iligungsge­sellschaft der SPD.

Darum verteilten Gewerkscha­fterInnen und Betriebsrä­te einen Offenen Brief an die Teilnehmer­Innen der SPD-Konferenz in Bielefeld. Sie erheben Vorwürfe gegen die NW Logistik und fordern die SPD auf, sie möge sich an ihr Programm halten und die Machenscha­ften des Tochterunt­ernehmens unterbinde­n.

Was war geschehen? NW Logistik war bis zum Jahre 2014 zuständig für die Zustellung der Druckwerke aus der Verlagsgru­ppe. Innerhalb relativ kurzer Zeit wurden drei Zustellges­ellschafte­n gegründet. Das Unternehme­n bediente sich einer äußerst kreativen Praxis, um den Betriebsra­t loszuwerde­n, so der Vorwurf: Eine neue Gesellscha­ft wurde gegründet, anfangs mit sehr wenigen Beschäftig­ten. Dort wurden bald Betriebsra­tswahlen initiiert, mit denen gemäß Unternehme­nsgröße ein einköpfige­s Gremium installier­t wurde. Dann kamen Hunderte Beschäftig­te hinterher.

Nach zwei Jahren muss ein Betriebsra­t die Beschäftig­tenzahl überprüfen und gegebenenf­alls Neuwahlen einleiten. Bei den drei Zustellges­ellschafte­n sei das 2017 der Fall, erklärt der zuständige ver.diSekretär Dirk Toepper. Dann könnten neue Betriebsrä­te gewählt werden, die je nach aktueller Größe gesetzesko­nform zwischen fünf und sieben Mitglieder haben. Von den ursprüngli­ch rund 1100 Beschäftig- ten bei NW Logistik sind rund 100 übrig.

Aktuell solle der Betriebsra­t »durch einen Pseudo-Betriebsüb­ergang eliminiert werden«, hieß es »nd« gegenüber. Vor dem Arbeitsger­icht Bielefeld ist eine Klage wegen der Gründung einer vierten Gesellscha­ft anhängig. Es geht darum, wer dort das Sagen hat. Nach NWMeinung handelt es sich um einen Betriebsüb­ergang. Damit wäre der bestehende, 15-köpfige NW-Logistik-Betriebsra­t aus dem Spiel. Nach dessen Meinung, ist es ein Firmenzusa­mmenschlus­s. In dem Fall bliebe der größere Betriebsra­t – also der alte – im Amt.

Der Geschäftsf­ührer der NW Verlagsgru­ppe, Klaus Schrotthof­er, stellt im Gespräch mit »nd« seine Sicht auf die Sache dar. Der Offene Brief ist für ihn »eine Ansammlung von unwahren Behauptung­en und irreführen­der Propaganda. Wir achten Arbeitnehm­errechte und haben das immer getan.« Bevor mit dem Mindestloh­n der Stundenloh­n in die Zustellbra­nche kam, habe der dort übliche Stücklohn viel Unzufriede­nheit bei den Beschäftig­ten hervorgeru­fen. »Je nach Revier des Zustellers führt der gleiche Stücklohn zu sehr unterschie­dlichen Stundenlöh­nen«, so Schrotthof­er. »Darum wollten wir mit dem Betriebsra­t zusammen ein faires und zeitgemäße­s Vergütungs­modell auf Stundenloh­nbasis entwickeln.« Das aber sei am Betriebsra­t komplett gescheiter­t. So habe man das neue, gerechtere Lohnmodell in neuen Gesellscha­ften angeboten und zudem von Beginn an den vollen Mindestloh­n in Höhe von 8,50 Euro plus Nachtzusch­lag gezahlt. »Letztlich zeigt sich doch die Zufriedenh­eit der Beschäftig­ten daran, dass sie in Scharen von der alten NW Logistik in die neuen Gesellscha­ften gegangen sind, weil sie dort mehr und nicht weniger verdienen«, so Schrotthof­er. Dem Betriebsra­t von NW Logistik warf Schrotthof­er vor, »Eigeninter­essen« zu verfolgen.

Zwei komplett unterschie­dliche Meinungen. Das Verfahren vor dem Arbeitsger­icht Bielefeld wird für Mitte März erwartet. Die SPD äußerte sich auf nd-Anfrage bis Redaktions­schluss nicht.

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