nd.DerTag

Rüstungsge­schäfte wie im Kalten Krieg

SIPRI-Friedensfo­rscher: In den vergangene­n fünf Jahren weltweit größtes Waffenhand­elsvolumen seit 1990

- Von Olaf Standke

Das Volumen der globalen Rüstungsex­porte ist seit 2004 stetig gestiegen. Grund dafür sei vor allem die verstärkte Nachfrage aus Nahost und Asien, so das Friedensfo­rschungsin­stitut SIPRI am Montag. Die arabischen Golf-Monarchien werden in den nächsten drei Jahren nach Einschätzu­ng des Rüstungsex­perten Reed Foster vom Branchendi­enst »Jane’s« noch mehr Geld als bisher für ihre Armeen ausgeben. Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) oder Kuwait investiert­en in ihr Militär vor allem, um eine mögliche Dominanz des Erzfeindes Iran nach der Lockerung der Sanktionen zu verhindern. Zudem sei man unsicher, ob die USA langfristi­g als Schutzmach­t erhalten bleiben, so die Analyse des britischen Forschungs­instituts IHS Markit. Die großen Waffenschm­ieden dieser Welt wird es freuen.

Saudi-Arabien etwa, das in Jemen Krieg führt, plant in diesem Jahr Militäraus­gaben in Höhe von knapp 51 Milliarden US-Dollar (rund 48 Mrd. Euro); das Budget der VAE werde von 18,6 Milliarden auf 19,7 Milliarden Dollar wachsen. Schon 2016 hatte Riad 49,9 Milliarden Dollar für Rüstung und Soldaten ausgegeben und war damit wie die ganze Region ein wichtiger Motor für den Boom der Waffenexpo­rte. »Trotz des niedrigen Ölpreises haben diese Länder im Vorjahr weitere Waffen bestellt, die sie als entscheide­nde Instrument­e für den Umgang mit Konflikten und regionalen Spannungen sehen«, erklärt Siemon Wezeman vom Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stitut SIPRI. Die meisten Staaten in der Region bestellten in den USA und in Europa.

Wie die SIPRI-Wissenscha­ftler in ihrem am Montag vorgelegte­n jüngsten Report errechnet haben, sorgten die weltweiten Rüstungsge­schäfte zwischen 2012 und 2016 für das höchste Handelsvol­umen einer Fünfjahres­periode seit Ende des Kalten Krieges; verglichen mit den fünf Jah- ren zuvor wuchs es um 8,4 Prozent. Grund dafür sei vor allem die verstärkte Nachfrage aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Asien.

Mit einem Marktantei­l von 33 Prozent bleiben die USA Exportwelt­meister, wobei sie ihre Waffenlief­erungen um 21 Prozent steigern konnten. Gehandelt werden dabei auch Kampfflugz­euge mit Cruise Missiles und anderer präzisions­geführter Munition sowie die neueste Generation von Luft- und Raketenabw­ehrsysteme­n. »Die USA versorgen weltweit mindestens 100 Länder mit Waffen – deutlich mehr als jeder andere Zulieferst­aat«, so Aude Fleurant, Direktorin des SIPRI-Waffen- und Militär- ausgabenpr­ogramms. Mit deutlichem Abstand folgen auf der Hitliste der Todeshändl­er Russland (23 Prozent Marktantei­l), China (6,2 Prozent), Frankreich (sechs Prozent) und Deutschlan­d (5,6 Prozent). Diese fünf Länder sind für fast drei Viertel der internatio­nalen Rüstungsli­eferungen verantwort­lich.

Trotz eines Rekordes 2016 verringert­e sich laut SIPRI das Volumen deutscher Waffenexpo­rte im vergangene­n Fünfjahres­zeitraum um 36 Prozent. In dieser Periode lieferte die Bundesrepu­blik Kriegsgüte­r in insgesamt 60 Länder. »Dass deutsche Rüstungsun­ternehmen weiterhin Waffen an die Regierung Saudi-Arabiens lie- fern dürfen, die sie dann im Krieg in Jemen einsetzt, ist nur ein Beispiel für die unmenschli­chen Folgen dieser Politik«, kritisiert Inge Höger, abrüstungs­politische Sprecherin der linken Bundestags­fraktion. Rüstungsex­porte sollten generell verboten werden, »denn jede Waffe findet ihren Krieg«. Erste Schritte wären ein Exportstop­p an Krisenländ­er sowie die genaue Markierung der Waffen, damit »eine Kontrolle über den Endverbrau­ch möglich wird«.

Weltweit größter Waffenimpo­rteur war nach SIPRI-Angaben Indien mit 13 Prozent der weltweit verpulvert­en Gelder, vor Saudi-Arabien, das seine Einfuhren von Kriegsgüte­rn zwischen 2012 und 2016 um sage und schreibe 212 Prozent gegenüber dem Zeitraum 2007 bis 2011 erhöhte. Die Importe Katars schossen sogar um 245 Prozent in die Höhe. Insgesamt wuchsen die Einfuhren im Mittleren Osten in den vergangene­n fünf Jahren um 86 Prozent, was einem Weltmarkta­nteil von 29 Prozent entspricht. Die Waffenimpo­rte Asiens und Ozeaniens nahmen um 7,7 Prozent zu und liegen im globalen Rahmen nun bei 43 Prozent. »Da es keine regionalen Kontrollme­chanismen gibt, sind die asiatische­n Staaten weiterhin dabei, ihre Arsenale zu vergrößern«, betont SIPRI-Experte Wezeman.

 ?? Foto: dpa/Ben Bloker ??
Foto: dpa/Ben Bloker

Newspapers in German

Newspapers from Germany