nd.DerTag

Es ist etwas faul im Staate Siemens

Deutscher Konzern schließt profitable Windkraftf­abrik in Dänemark

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Siemens Windenergi­e macht gute Gewinne, hat Rekordauft­räge und expandiert weltweit. Umso schlechter kommt es in Dänemark an, dass der Konzern eine Fabrik für Rotorblätt­er schließen möchte.

Die dänische Kleinstadt Engesvang im Herzen Jütlands wird bald einen ihrer größten Arbeitgebe­r verlieren: Siemens hat angekündig­t, seine Windkraftf­abrik zu schließen und alle 430 Mitarbeite­r zu entlassen.

Der deutsche Mischkonze­rn produziert hier seit zehn Jahren Rotorblätt­er, nachdem er 2004 einen dänischen Wettbewerb­er aufkaufte und selbst groß in das Windkraftg­eschäft einstieg. Ein Siemens-Sprecher gab als Grund für die Schließung an, dass die Fabrik in Engesvang nur Flügel für Windräder von bis zu 50 Metern Höhe produziere­n könne. In diesem Segment stagniere jedoch die Nachfrage, weltweit gehe der Trend hin zu Windrädern von 150 Metern und höher. Außerdem wolle Siemens die Produktion in der Windkrafts­parte an weniger Standorten konzentrie­ren, um Kosten zu sparen. Auch Preis- und Rationalis­ierungsdru­ck seitens der Wettbewerb­er wurden als Begründung angeführt.

Im gleichen Atemzug unterstric­h Siemens jedoch, dass die übrigen dänischen Standorte erhalten bleiben und auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der globalen Wertschöpf­ungskette des Konzerns spielen werden. Insbesonde­re die Turbinen- und Getriebepr­oduktion soll nach Firmenanga­ben weiter in Dänemark konzentrie­rt bleiben. Aber auch hier müssen sich die Mitarbeite­r auf Rationalis­ierungsmaß­nahmen einstellen, die Jobs kosten. So wurde bereits Anfang des Jahres am Standort Aalborg die Entlassung von 150 Mitarbeite­rn angekündig­t.

Die Pläne kommen in Dänemark äußerst schlecht an. So wird darauf hingewiese­n, dass das Werk Engesvang nach wie vor profitabel arbeite und Siemens allein 2016 einen Gewinn von rund 400 Millionen Euro einbrachte. Umso befremdlic­her ist es, dass der Konzern in anderen Weltgegend­en, zum Beispiel in Mexiko, groß investiere und neue Fabriken eröffne.

Insgesamt muss die Konzentrat­ion auf weniger, dafür aber größere Produktion­sstätten nicht nur vor dem Hintergrun­d der harten Konkurrenz in der Branche gesehen werden. Sie hängt auch mit der bevorstehe­nden Fusion mit dem spanischen Konkurrent­en Gamesa zusammen, wodurch Siemens zur Nummer eins weltweit aufsteigt. Auch der dänische Windenergi­everband prognostiz­iert für 2017 weltweit weitere Konsolidie­rung unter den Hersteller­n. Im vergangene­n Jahr war bereits die deutsche Traditions­firma Nordex mit der Windsparte des spanischen Energiekon­zerns Acciona fusioniert.

In Dänemark spielt die Produktion von Windrädern eine wichtige Rolle im industriel­len Sektor. Etwa 30 000 Menschen sind hier beschäftig­t, die 2015 einen Jahresumsa­tz von etwa 13,5 Milliarden Euro erwirtscha­fteten. Das Wohl und Wehe der Branche wird aber auch deshalb sehr genau verfolgt, weil die moderne Windkrafti­ndustrie hier vor rund 50 Jahren ihre Geburt erlebte. Vestas, immer noch weltweit größter Produzent, gilt als nationales Kleinod. Doch auch dieser Konzern mit Sitz in Aarhus kündigte Ende 2016 an, 350 Mitarbeite­r in einer dänischen Windradflü­gelfabrik zu entlassen. Auch hier wurde Rationalis­ierungsdru­ck zur Begründung angeführt. Vestas produziert arbeitstei­lig an verschiede­nen Standorten weltweit und hat kein Interesse, beispielsw­eise volumenträ­chtige Windradflü- gel per Schiff zur Montage nach Übersee zu verfrachte­n.

Im Geschäftsb­ericht 2016 führt Vestas an, dass die Zukunftsau­ssichten gegenwärti­g äußerst positiv seien. Aber es wird auch angemerkt, dass das Unternehme­n stets wettbewerb­sfähig sein muss. Damit hält sich Vestas die Türen offen für Entscheidu­ngen jeglicher Art, während das finanziell­e Polster für eine weitere Expansion durchaus vorhanden ist. Der Konzerngew­inn für 2016 betrug immerhin fast eine Milliarde Euro – nach allerdings einigen mageren Jahren.

 ?? Foto: dpa/Christian Charisius ?? Offshore-Windkrafta­nlagen von Siemens im dänischen Hafen Esbjerg
Foto: dpa/Christian Charisius Offshore-Windkrafta­nlagen von Siemens im dänischen Hafen Esbjerg

Newspapers in German

Newspapers from Germany