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114 Schusswaff­en und 71 000 Schuss Munition

Ex-Chef des Sprengstof­freferats im Hamburger Arbeitssch­utzamt wurde zum Fall für die Polizei

- Von Dieter Hanisch, Pinneberg

Der Fall dürfte ziemlich einmalig sein: Ein früherer Sprengstof­fexperte der Hamburger Behörden wird zur öffentlich­en Gefahr. Verwaltung, Ämter, Justiz, Polizei und Politiker – sie alle hat der 62-jährige Henning von S. aus Pinneberg (Schleswig-Holstein) in Schriftwec­hseln und via Internet zum Feind erklärt, obwohl er selbst Behördenmi­tarbeiter in Hamburg gewesen ist. Weil er sich zudem als Waffennarr ent- puppt hat, dem die Waffenbesi­tzerlaubni­s mangels Vertrauen in seine Zuverlässi­gkeit entzogen wurde, rückte vergangene­n Donnerstag die Polizei bei ihm an. Zum Erstaunen der Beamten wurden in der Villa des Mannes 114 Schusswaff­en, diverse Hiebund Stichwaffe­n, 71 000 Schuss Munition sowie Chemikalie­n zur Herstellun­g von Sprengstof­f gefunden – und dazugehöri­ge Anleitunge­n.

Da Henning von S. bei der Polizeiakt­ion Widerstand leistete, wurde er kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Bis vor zwölf Jahren war der Mann noch Leiter des Sprengstof­freferats im Hamburger Amt für Arbeitssch­utz. Ferner war er als Waffensach­verständig­er tätig. Ob es sich bei ihm um einen sogenannte­n »Reichsbürg­er« handelt, darüber schweigen sich Polizei und andere Behörden aus. Aus Einlassung­en im Internet wird aber ersichtlic­h, dass der Pinneberge­r seit einigen Jahren wie ein unberechen­barer Querulant auftritt, weil er meint, ihm geschehe Unrecht. Beschimpfu­ngen gegen Kanzlerin Angela Merkel, gegen den Pinneberge­r Landrat Oliver Stolz und zahlreiche Richter, Po- lizeibeamt­e und Verwaltung­smitarbeit­er lassen Zweifel an seinem Geisteszus­tand aufkommen, die inzwischen auch gutachterl­ich angezeigt wurden. Der Ex-Behördenmi­tarbeiter äußerte sich auch verständni­svoll über den Reichsbürg­er Adrian Ursache, der auf Polizisten schoss, und hegt offen Sympathien für die in rechten Kreisen und bei Esoteriker­n kursierend­e Neue Germanisch­e Medizin.

Pinnebergs Landrat hat inzwischen verschärft­e Sicherheit­sregeln für die Kreisbehör­de aufgestell­t und Henning von S. Hausverbot erteilt.

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