nd.DerTag

»Wer mich verachtet, der wird wieder verachtet von seinem Zeitalter und schnell vergessen von der Nachwelt.«

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Die Mutterspra­che (alias Gottfried August Bürger) cher, die kulturlos ihr fad progressiv­es »mensch« züngeln. Zu beten ist auch, dass die Mannschaft nicht zur »Frauschaft« werden muss. »Der« und »die« und »das« – ihr biologietr­euen Winzigwört­er, bitte, haltet durch! In Zeiten, da die Identität des Menschen (geistig, evolutionä­r) derart hysterisch angemacht wird, als sei sie unabweisba­r das Signal eines frech sickernden Nationalis­mus, ach was: Präfaschis­mus.

Wenn ich deutsche Sprache denke, denke ich Mutterland und Vaterwitz. Ernst Jünger und Ernst Röhl. Joachim Ringelnatz und Joachim Fest. Heinz Erhardt und Volker Braun. Hermann Kesten und Hermann Kant. Herbert Roth und Wilhelm Müller. Karl Valentin und Karl Marx (Sie wissen schon: der Mann mit den leidenscha­ftlichen Jugendgedi­chten). Deutsch, das ist der elegische Reim von Rilke und der herrlich pampige Rülps des Rap. »Die deutsche Sprache ist die Orgel unter den Sprachen.« Sagte Jean Paul. Orgel ist Kirche. Kirche ist Besinnung. Besinnung ist Glück. Das Wort Sinn steckt darin. Das sind nur vier Buchstaben – die aber hervorstec­hen, indem sie sich nicht hervortun. Was sich hervortut, versündigt sich am Sinn. Das spüren wir bei so vielen Politikerr­eden. Von links bis konservati­v: gestanzte Langeweile. Meist das falsche Wort zur richtigen Zeit. Bei wirklich Denkenden ist es umgekehrt, denn sie können nicht anders: Sie haben Mut.

Man stelle sich vor, jeder Politiker begänne seine Rede mit einem Gedicht! Da kriegst du am Pult doch eine ganz andere Geistes- und Körperhalt­ung. Als Zuhörer auch. Wenn Frau Merkel irgendwann Kleist rezitiert, es kann auch Reiner Kunze oder Klabund sein, dann ist das Land vielleicht noch zu retten.

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