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»Wir müssen etwas ändern«

Nach der alpinen Ski-WM übt der Deutsche Skiverband Selbstkrit­ik und hadert vor allem mit der schwächeln­den Frauenmann­schaft

- Von Maximilian Haupt und Manuel Schwarz, St. Moritz

Die Erleichter­ung über Bronze von Felix Neureuther im Slalom war so groß, dass viele deutsche Trainer vor Freude weinten. Die kritische Analyse einer ansonsten schwachen WM soll davon aber unberührt bleiben.

»Dass wir Defizite haben, steht außer Diskussion. Wir haben unsere Achillesfe­rse bei den Frauen, deswegen kann man auch nicht einfach zur Tagesordnu­ng übergehen«, übte Wolfgang Maier harte Selbstkrit­ik. »Jetzt müssen wir Kritik annehmen und definitiv auch Dinge verändern«, sagte der Alpinchef des Deutschen Skiverband­s (DSV) zum Abschluss der WM in St. Moritz. Das Happy End von Felix Neureuther hatte zwar viele Verantwort­liche vor Freude noch zum Weinen gebracht, aber an der grundsätzl­ichen Bilanz änderte dessen Bronzemeda­ille im Slalom wenig.

Konkreter wollte Maier dann aber doch noch nicht werden. Bereits jetzt Konsequenz­en zu formuliere­n wäre ein Fehler, hatte er gesagt: »Da schmeiße ich mir eine Bombe in den eigenen Laden rein.« Die alpine Skisaison dauert noch bis zum Weltcupfin­ale Mitte März in Aspen.

Spätestens danach wird es aber zu harten Aussprache­n kommen. Im Frauenteam sucht der Verband seit dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch vor drei Jahren nach einer funktionie­renden Struktur. Bringt Viktoria Rebensburg die von ihr erwartete Leistung wie in St. Moritz nicht, als sie im Super-G als Vierte knapp und in Abfahrt und Riesenslal­om deutlich eine Medaille verpasste, klafft eine große Lücke zwischen der Weltspitze und den besten deutschen Resultaten. Jessica Hilzinger und Marina Wallner haben im Slalom zwar angedeutet, dass sie nach ihren langen Verletzung­spausen irgendwann für gute Ergebnisse sorgen können – doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Bei den Männern ist die Situation entspannte­r. Die Auftritte der Abfahrer um Andreas Sander mit zwei guten Top-Ten-Platzierun­gen und dem jungen Thomas Dreßen, der bei seiner WM-Premiere Zwölfter in der Abfahrt wurde, machen Mut für die Zukunft. Linus Straßer überrascht­e mit Rang zwölf im Riesenslal­om und lernte seine Lektion im Slalom, als er nach einer zu ungestümen Fahrt im ersten Durchgang nur 20. wurde. »Aber ich werfe mir nichts vor. Das ist eine WM, die findet nur alle zwei Jahre statt«, sagte er. »Wenn man es nicht so angeht, weiß ich nicht, wie sonst.« Im kommenden Olympiawin­ter ist auch der derzeit verletzte Fritz Dopfer als möglicher Podestfahr­er wieder dabei.

Aller Kritik zum Trotz endeten die Titelkämpf­e im Engadin dank Neureuther doch noch mit einem Hoch. »Man hat mich schon abgeschrie­ben. Deswegen war bei mir der Ehrgeiz schon sehr groß«, berichtete er nach der emotionale­n Bronzemeda­ille im letzten Rennen. »Es hat mich im Vorfeld geärgert, dass man gesagt hat: ›Der Neureuther holt keine Medaille, es müssen andere richten.‹ Deswegen habe ich die Verhältnis­se ein bisschen zurechtger­ückt.« Für ihn war es die fünfte Medaille bei einer WM.

Maier weiß ohnehin, was er am inzwischen 32-Jährigen hat. »Es gibt bei den Herren in der ganzen Geschichte des Skiverband­s außer den zwei Goldmedail­len von Markus Wasmeier keinen Sportler, der annähernd dieses Leistungsn­iveau hatte«, urteilte er. Niemand werde sogar im Ausland so geliebt wie Neureuther, niemand habe auch mit seiner Ausstrahlu­ng je so lange so viel für den Verband getan. Und dass »auch wir mit einer Medaille nach Hause kommen, hat zu einer extremem Erleichter­ung geführt.«

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Foto: AFP/Fabrice Coffrini Felix Neureuther hübschte die deutsche WM-Bilanz noch auf.

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