»Wir müssen etwas ändern«
Nach der alpinen Ski-WM übt der Deutsche Skiverband Selbstkritik und hadert vor allem mit der schwächelnden Frauenmannschaft
Die Erleichterung über Bronze von Felix Neureuther im Slalom war so groß, dass viele deutsche Trainer vor Freude weinten. Die kritische Analyse einer ansonsten schwachen WM soll davon aber unberührt bleiben.
»Dass wir Defizite haben, steht außer Diskussion. Wir haben unsere Achillesferse bei den Frauen, deswegen kann man auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen«, übte Wolfgang Maier harte Selbstkritik. »Jetzt müssen wir Kritik annehmen und definitiv auch Dinge verändern«, sagte der Alpinchef des Deutschen Skiverbands (DSV) zum Abschluss der WM in St. Moritz. Das Happy End von Felix Neureuther hatte zwar viele Verantwortliche vor Freude noch zum Weinen gebracht, aber an der grundsätzlichen Bilanz änderte dessen Bronzemedaille im Slalom wenig.
Konkreter wollte Maier dann aber doch noch nicht werden. Bereits jetzt Konsequenzen zu formulieren wäre ein Fehler, hatte er gesagt: »Da schmeiße ich mir eine Bombe in den eigenen Laden rein.« Die alpine Skisaison dauert noch bis zum Weltcupfinale Mitte März in Aspen.
Spätestens danach wird es aber zu harten Aussprachen kommen. Im Frauenteam sucht der Verband seit dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch vor drei Jahren nach einer funktionierenden Struktur. Bringt Viktoria Rebensburg die von ihr erwartete Leistung wie in St. Moritz nicht, als sie im Super-G als Vierte knapp und in Abfahrt und Riesenslalom deutlich eine Medaille verpasste, klafft eine große Lücke zwischen der Weltspitze und den besten deutschen Resultaten. Jessica Hilzinger und Marina Wallner haben im Slalom zwar angedeutet, dass sie nach ihren langen Verletzungspausen irgendwann für gute Ergebnisse sorgen können – doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Bei den Männern ist die Situation entspannter. Die Auftritte der Abfahrer um Andreas Sander mit zwei guten Top-Ten-Platzierungen und dem jungen Thomas Dreßen, der bei seiner WM-Premiere Zwölfter in der Abfahrt wurde, machen Mut für die Zukunft. Linus Straßer überraschte mit Rang zwölf im Riesenslalom und lernte seine Lektion im Slalom, als er nach einer zu ungestümen Fahrt im ersten Durchgang nur 20. wurde. »Aber ich werfe mir nichts vor. Das ist eine WM, die findet nur alle zwei Jahre statt«, sagte er. »Wenn man es nicht so angeht, weiß ich nicht, wie sonst.« Im kommenden Olympiawinter ist auch der derzeit verletzte Fritz Dopfer als möglicher Podestfahrer wieder dabei.
Aller Kritik zum Trotz endeten die Titelkämpfe im Engadin dank Neureuther doch noch mit einem Hoch. »Man hat mich schon abgeschrieben. Deswegen war bei mir der Ehrgeiz schon sehr groß«, berichtete er nach der emotionalen Bronzemedaille im letzten Rennen. »Es hat mich im Vorfeld geärgert, dass man gesagt hat: ›Der Neureuther holt keine Medaille, es müssen andere richten.‹ Deswegen habe ich die Verhältnisse ein bisschen zurechtgerückt.« Für ihn war es die fünfte Medaille bei einer WM.
Maier weiß ohnehin, was er am inzwischen 32-Jährigen hat. »Es gibt bei den Herren in der ganzen Geschichte des Skiverbands außer den zwei Goldmedaillen von Markus Wasmeier keinen Sportler, der annähernd dieses Leistungsniveau hatte«, urteilte er. Niemand werde sogar im Ausland so geliebt wie Neureuther, niemand habe auch mit seiner Ausstrahlung je so lange so viel für den Verband getan. Und dass »auch wir mit einer Medaille nach Hause kommen, hat zu einer extremem Erleichterung geführt.«