nd.DerTag

Zynische Wortspielc­hen

- Velten Schäfer über des Innenminis­ters neueste Abschieber­hetorik

Es ist ja richtig: Die Taliban verfolgen nicht das Ziel, die Afghanen an sich auszurotte­n. Manche von ihnen sollen selbst Afghanen sein. Trotzdem lässt aufhorchen, was Innenminis­ter Thomas de Maizière nun zu dem Thema verlautet: Die »normale Bevölkerun­g« sei vielleicht Opfer, nicht aber »Ziel« der Dschihadis­ten. Das sei ein »großer Unterschie­d«.

Nur dürfte es aus Sicht eines »Opfers« gleichgült­ig sein, ob es vor der Opferwerdu­ng auch »Ziel« war – oder vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Unterschie­d, von dem der Minister spricht, ist ein asylrechtl­icher. Jemand muss persönlich verfolgt sein, um als schutzwürd­ig zu gelten. Dies aber, darauf zielt die Bemerkung, sei beim afghanisch­en Normalflüc­htling nicht der Fall. Und da inzwischen halb Kabul ganz »sicher« ist, warum nicht dorthin abschieben?

Dass der selbst ernannte Christenme­nsch am Montag mit seinen zynischen Wortspielc­hen um »Ziele« und »Opfer« kommt, unterfütte­rt die Vermutung von Menschenre­chtlern, dass erneut eine Sammelabsc­hiebung nach Afghanista­n ansteht. Wie auch der Umstand, dass er die Länder, die dabei nicht mittun wollen, der Nebenaußen­politik bezichtigt.

Dies immerhin kann man ihm nicht vorwerfen: Maizière macht strikt Innenpolit­ik, wenn auch in Kabul. Wie hieß noch mal der Außenminis­ter?

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