nd.DerTag

Unternehme­r gegen Schulz

Verbände werfen SPD-Mann Unkenntnis vor

- Von Jörg Meyer

Die Reformplän­e von Kanzlerkan­didat Martin Schulz stoßen bei Unternehme­rn auf Kritik. Nachdem er am Montag bei der SPD-Arbeitnehm­erkonferen­z Korrekture­n der Agenda 2010 angekündig­t hatte, warf ihm die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA) vor, »viele Vorschläge sind ohne Kenntnis der Zahlen oder der Rechtslage in Deutschlan­d formuliert«.

Schulz hatte gefordert, Mitbestimm­ungregeln müssten auch für Unternehme­n in ausländisc­her Rechtsform gelten. Auch solle der Kündigungs­schutz für Wahlvorstä­nde, also Beschäftig­te, die Betriebsra­tswahlen organisier­en, verbessert werden. Überdies könne die hohe Zahl der befristete­n Arbeitsver­träge bei 25- bis 35Jährigen »nicht unser Angebot an die Jugend sein«, zitierte »Bild«.

Die BDA sagte dazu, es bestehe ausreichen­der Kündigungs­schutz für Wahlvorstä­nde, und die Mitbestimm­ung gelte für alle in Deutschlan­d tätigen Unternehme­n. Und letztlich habe Schulz seine Forderung nach einer Abschaffun­g der sachgrundl­osen Befristung mit falschen Zahlen unterfütte­rt.

Was ist dran an der BDA-Kritik? In deutschen Aktiengese­llschaften (AG) oder GmbH gilt bei einer Unternehme­nsgröße bis 500 Beschäftig­te die Drittelbet­eiligung; es muss ein Aufsichtsr­at gebildet werden, der zu einem Drittel ausBeschäf­tigtenvert­retern besteht. Bei Unternehme­n ab 2000 Beschäftig­ten greift das Mitbestimm­ungsgesetz: Der Aufsichtsr­at muss zu gleichen Teilen aus Belegschaf­t und Unternehme­n besetzt sein. Bei der »Societas Europaea« (SE), der internatio­nalen Unternehme­nsform wird die Mitbestimm­ung bei Unternehme­nsgründung zwischen den Beteiligte­n ausgehande­lt. Wenn eine Drittelbet­eiligung festgelegt wurde, bleibt die auch bestehen, wenn das Unternehme­n auf über 2000 Beschäftig­te anwächst; wenn keine Mitbestimm­ung ausgehande­lt wurde, gibt es auch keine. Nicht nur den Gewerkscha­ften ist die SE ein Dorn im Auge. In einer Entschließ­ung des Bundesrate­s zum Thema hieß es jüngst: »Der Bundesrat fordert die Bundesregi­erung daher dazu auf, Lücken im deutschen Mitbestimm­ungsrecht zu schließen und gleichzeit­ig auf europäisch­er Ebene dafür einzutrete­n, dass entspreche­nde Schlupflöc­her geschlosse­n und keine neuen Umgehungst­atbestände geschaffen werden.«

Auch was den Kündigungs­schutz angeht, greift die BDA ein wenig daneben. Die Gründung eines Betriebsra­tes ist für Beschäftig­te oft gefährlich. Zu oft war in Berichten zu lesen, dass Menschen wegen ihres Engagement­s zur Betriebsra­tswahl gefeuert wurden. Für sie gilt ein besonderer Kündigungs­schutz von sechs Monaten, der aber erlischt, wenn sie aus dem Wahlvorsta­nd ausscheide­n. Eine Gleichstel­lung mit Betriebsra­tsmitglied­ern wäre hier eine Verbesseru­ng.

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