Geschäftsluftfahrt für Weiterbetrieb von Tegel
Branchenverband GBAA warnt vor dramatischen Kapazitätsengpässen nach Fertigstellung des BER
Mit jährlichen Wachstumsraten von fünf Prozent stößt der Geschäftsflugverkehr am Standort Berlin längst an die Kapazitätsgrenzen. Und der künftige Single-Airport BER ist schon vor der Eröffnung zu klein. Die Berliner Flughäfen haben 2016 mit insgesamt 33 Millionen Passagieren die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht. Der längst nicht fertiggestellte Neubau BER ist mit einer projektierten Kapazität von bestenfalls 27 Millionen Fluggästen im Jahr als Single-Airport schon vor seiner Eröffnung zu klein. Aus diesem Grund setzt sich die German Business Aviation Association (GBAA) für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel auch nach Inbetriebnahme des BER ein.
»Aus unserer Sicht wäre es ein Fehler, den Flughafen Tegel jetzt zu schließen«, sagte GBAA-Vorstandschef Peter Gatz am Dienstag in Berlin in einem Gespräch dem »nd«. Der zivile Flugverkehr wachse wesentlich stärker als von der Politik lange Zeit angenommen. Das treffe auch für den Geschäftsflugverkehr zu, die Business Aviation (BIZAV), die jährlich rund fünf Prozent Wachstum verzeichnet. Gemeint ist damit der zivile nicht planmäßige Luftverkehr wie etwa der firmeneigene Werksverkehr oder der gewerbliche Betrieb von Geschäftsreiseflugzeugen zum Zwecke des Transportes von Personen und Fracht. Nach Schätzungen der GBAA, die sich als Interessenverband versteht, ist mit einem weiteren Wachstum des Passagieraufkommens in Berlin bis zum Jahre 2019 auf bis zu 40 Millionen zu rechnen. Aus Gatz' Sicht ist es längst nicht ausgemacht, dass der Hauptstadtflughafen bis dahin bereits fertiggestellt ist.
Geschäftsluftfahrt, so Peter Gatz, werde häufig mit Luxus assoziiert. Von Ausnahmen abgesehen mache sie aber vor allem das notwendige Reisen von Managern international agierender Großunternehmen aber auch von Politikern erträglich. Dafür benötige die Business Aviation eine gute Infrastruktur, die neben kurzen Reisezeiten auch kurze Wege vom Flughafen bis ans Ziel gewährleiste.
»Der Flughafen BER wurde erkennbar schon bei der Planung zu klein konzipiert«, sagte der GBAAChef. Auf absehbare Zeit könne er nicht erweitert werden, für die Zeit nach 2023 gebe es keine konkreten Planungen für die dringend gebotene bauliche Erweiterung. Bereits jetzt werde Schönefeld-Nord, der alte DDR-Flughafen, ertüchtigt, und es werde überall mit Provisorien gearbeitet. Diese beträfen beispielsweise die Erweiterung der gänzlich ungenügenden Abfertigungskapazitäten, den Platzbedarf für die verschärften Sicherheits-Checks aber auch die Infrastruktur für die Flugbereitschaft der Bundesregierung sowie – am Ende – auch der BIZAV. Fragen des Transfers von Personen und Gepäck zwischen den Flughafenbereichen (Nord und Süd) seien noch ungeklärt.
»Aus Sicht des GBAA wird der Ausbau der Infrastruktur in Berlin aus ›ideologischen‹ Gründen sträflich vernachlässigt«, so Gatz. »Wir meinen aber, dass Berlin für die Zukunft eine sinnvolle, ausgewogene Luftfahrtkapazität vorhalten müsste. Zwei Flughäfen böten eine ausreichende Flexibilität.« Tegel offen zu halten als Standort für die Flugbereitschaft, den Patienten- und medizinischen Organtransport und für den Geschäftsflugverkehr würde die Kapazitätsengpässe am BER zumindest zeitweise entspannen. Als Ausweichflugplatz sowie Parkfläche bei Groß- ereignissen wäre Tegel höchst willkommen. Auch der geplante Technologiepark sei mit kleinen Abstrichen realisierbar. Juristisch, so Gatz, wäre der Weiterbetrieb, das belegten Gutachten, kein unlösbares Problem.
»Aus unserer Sicht wäre es ein Fehler, Tegel jetzt zu schließen.« Peter Gatz, Vorsitzender des Vorstands der GBAA