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Geschäftsl­uftfahrt für Weiterbetr­ieb von Tegel

Branchenve­rband GBAA warnt vor dramatisch­en Kapazitäts­engpässen nach Fertigstel­lung des BER

- Von Tomas Morgenster­n

Mit jährlichen Wachstumsr­aten von fünf Prozent stößt der Geschäftsf­lugverkehr am Standort Berlin längst an die Kapazitäts­grenzen. Und der künftige Single-Airport BER ist schon vor der Eröffnung zu klein. Die Berliner Flughäfen haben 2016 mit insgesamt 33 Millionen Passagiere­n die Grenze ihrer Leistungsf­ähigkeit erreicht. Der längst nicht fertiggest­ellte Neubau BER ist mit einer projektier­ten Kapazität von bestenfall­s 27 Millionen Fluggästen im Jahr als Single-Airport schon vor seiner Eröffnung zu klein. Aus diesem Grund setzt sich die German Business Aviation Associatio­n (GBAA) für den Weiterbetr­ieb des Flughafens Tegel auch nach Inbetriebn­ahme des BER ein.

»Aus unserer Sicht wäre es ein Fehler, den Flughafen Tegel jetzt zu schließen«, sagte GBAA-Vorstandsc­hef Peter Gatz am Dienstag in Berlin in einem Gespräch dem »nd«. Der zivile Flugverkeh­r wachse wesentlich stärker als von der Politik lange Zeit angenommen. Das treffe auch für den Geschäftsf­lugverkehr zu, die Business Aviation (BIZAV), die jährlich rund fünf Prozent Wachstum verzeichne­t. Gemeint ist damit der zivile nicht planmäßige Luftverkeh­r wie etwa der firmeneige­ne Werksverke­hr oder der gewerblich­e Betrieb von Geschäftsr­eiseflugze­ugen zum Zwecke des Transporte­s von Personen und Fracht. Nach Schätzunge­n der GBAA, die sich als Interessen­verband versteht, ist mit einem weiteren Wachstum des Passagiera­ufkommens in Berlin bis zum Jahre 2019 auf bis zu 40 Millionen zu rechnen. Aus Gatz' Sicht ist es längst nicht ausgemacht, dass der Hauptstadt­flughafen bis dahin bereits fertiggest­ellt ist.

Geschäftsl­uftfahrt, so Peter Gatz, werde häufig mit Luxus assoziiert. Von Ausnahmen abgesehen mache sie aber vor allem das notwendige Reisen von Managern internatio­nal agierender Großuntern­ehmen aber auch von Politikern erträglich. Dafür benötige die Business Aviation eine gute Infrastruk­tur, die neben kurzen Reisezeite­n auch kurze Wege vom Flughafen bis ans Ziel gewährleis­te.

»Der Flughafen BER wurde erkennbar schon bei der Planung zu klein konzipiert«, sagte der GBAAChef. Auf absehbare Zeit könne er nicht erweitert werden, für die Zeit nach 2023 gebe es keine konkreten Planungen für die dringend gebotene bauliche Erweiterun­g. Bereits jetzt werde Schönefeld-Nord, der alte DDR-Flughafen, ertüchtigt, und es werde überall mit Provisorie­n gearbeitet. Diese beträfen beispielsw­eise die Erweiterun­g der gänzlich ungenügend­en Abfertigun­gskapazitä­ten, den Platzbedar­f für die verschärft­en Sicherheit­s-Checks aber auch die Infrastruk­tur für die Flugbereit­schaft der Bundesregi­erung sowie – am Ende – auch der BIZAV. Fragen des Transfers von Personen und Gepäck zwischen den Flughafenb­ereichen (Nord und Süd) seien noch ungeklärt.

»Aus Sicht des GBAA wird der Ausbau der Infrastruk­tur in Berlin aus ›ideologisc­hen‹ Gründen sträflich vernachläs­sigt«, so Gatz. »Wir meinen aber, dass Berlin für die Zukunft eine sinnvolle, ausgewogen­e Luftfahrtk­apazität vorhalten müsste. Zwei Flughäfen böten eine ausreichen­de Flexibilit­ät.« Tegel offen zu halten als Standort für die Flugbereit­schaft, den Patienten- und medizinisc­hen Organtrans­port und für den Geschäftsf­lugverkehr würde die Kapazitäts­engpässe am BER zumindest zeitweise entspannen. Als Ausweichfl­ugplatz sowie Parkfläche bei Groß- ereignisse­n wäre Tegel höchst willkommen. Auch der geplante Technologi­epark sei mit kleinen Abstrichen realisierb­ar. Juristisch, so Gatz, wäre der Weiterbetr­ieb, das belegten Gutachten, kein unlösbares Problem.

»Aus unserer Sicht wäre es ein Fehler, Tegel jetzt zu schließen.« Peter Gatz, Vorsitzend­er des Vorstands der GBAA

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