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Rechtliche Fragen zu 130 000 Unterschri­ften

Die CDU argwöhnt, Rot-Rot wolle die Volksiniti­ative gegen die Kreisgebie­tsreform mit Trickserei­en ausbremsen

- Von Andreas Fritsche

Es steht der Verdacht im Raum, das Bürgervotu­m gegen die umstritten­e Kreisgebie­tsreform solle missachtet werden. Eine Bestätigun­g dafür gibt es aber nicht. Will die rot-rote Koalition die mit fast 130 000 Unterschri­ften ungemein erfolgreic­he Volksiniti­ative gegen die Kreisgebie­tsreform durch eine Verzögerun­gstaktik ausbremsen oder gar für unzulässig erklären. Den Verdacht gibt es, jedoch keine Bestätigun­g dafür.

Darauf angesproch­en versichert­e Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs am Dienstag: »Natürlich schließe ich das zum gegenwärti­gen Zeitpunkt aus, dass eine Volksiniti­ative durch rechtliche Mittel gestoppt werden soll.« Er fügte hinzu: »Eine politische Diskussion ausschließ­lich mit juristisch­en Mitteln zu führen, halte ich für falsch.« Der Hauptaussc­huss des Landtags werde die Staatskanz­lei an diesem Mittwoch um eine rechtliche Würdigung bitten, doch dies sei »ein ganz normales Verfahren«.

Der SPD-Abgeordnet­e Daniel Kurth betonte: »Ich zweifle nicht an den Unterschri­ften.« Doch sei man verpflicht­et, die Gültigkeit der Unterschri­ften und die rechtliche Zulässigke­it der Volksiniti­ative zu überprüfen. Das heiße nicht, dass man die Volksiniti­ative »rechtlich kaputt machen wolle«. Bis zum 29. März solle der Staatskanz­leichef seine rechtliche Bewertung vorlegen. Der Hauptaussc­huss werde den Innenaussc­huss bitten, sich dem Anliegen der Volksiniti­ative bereits vorbereite­nd anzunehmen, »damit wir zügig vorankomme­n«, sagte Kurth. »Ich gehe davon aus, dass es eine Anhörung gegen wird«, erklärte er. Warum sich die SPD nicht bereits Klarheit verschafft hat, während die Volksiniti­ative noch lief? »Es ist jetzt die Zeit, diese Fragen zu stellen. Wir haben noch keine Antworten«, meinte der SPD-Abgeordnet­e Björn Lüttmann.

»Ich hoffe, dass Rot-Rot keinen Vorwand findet, die Unterschri­ften in Zweifel zu ziehen«, sagte CDU-Fraktionsc­hef Info Senftleben. Seit 1990 habe es bereits sechs Initiative­n zu Gebietsref­ormen gegeben. Der Umgang damit jetzt sei etwas »völlig Neues«. Senftleben erinnerte an das Jahr 2015 und die Volksiniti­ative für höhere Mindestabs­tände von Windrädern zu Wohnhäuser­n. Damals habe der Hauptaussc­huss über die rechtliche Zulässigke­it schon entschiede­n, als die Unterschri­ften noch nicht einmal abgegeben waren. Genüsslich zitierte der CDU-Abgeordnet­e Jan Redmann aus einem alten Aufsatz des jetzigen Staatskanz­leichefs Thomas Kralinski (SPD), wonach eine hohe Zahl von Unterschri­ften bislang noch jeden Abgeordnet­en zum Nachdenken bewegt habe. Für die Grünen stellte Fraktionsc­hef Axel Vogel klar: »Wir stehen nicht für irgendwelc­he Spielchen zur Verfügung, der Volksiniti­ative den Weg zu einem Volksbegeh­ren zu verlegen.« Vogel ergänzte: »Wir wollen aber Klarheit haben, was zulässig ist und was nicht.« Nach Ansicht von Vogel ist prinzipiel­l fragwürdig, dass in Brandenbur­g immer der Hauptaussc­huss und damit die Koalition darüber befindet, ob eine Volksiniti­ative rechtlich überprüft wird. Besser wäre es, findet Vogel, wenn künftig alle Initiative­n generell vom Verfassung­sgericht begutachte­t werden – »damit es der politische­n Sphäre enthoben ist«. Die Grünen sind zwar Opposition, lehnen eine Kreisrefor­m aber nicht rundweg ab, da sie Veränderun­gsbedarf sehen. Behindern möchten sie die Volksiniti­ative dennoch nicht, beteuert die Landtagsab­geordnete Ursula Nonnemache­r.

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