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Sexismus im Silicon Valley

Aktueller Fall beim Fahrdienst Uber wirft ein Schlaglich­t auf die Zustände in der Technologi­ebranche

- Von John Dyer, Boston

Das Betriebskl­ima bei Uber diskrimini­ert Frauen, sexuelle Belästigun­g ist an der Tagesordnu­ng – solche Vorwürfe werden gegen den Taxidienst laut. Unabhängig­e Experten sollen für Aufklärung sorgen.

Der Fahrvermit­tlungsdien­st Uber wird zum Paradebeis­piel für Sexismus und Belästigun­g weiblicher Angestellt­er im Silicon Valley. Das Unternehme­n ist jetzt ins Blickfeld geraten und alle Welt kritisiert das Betriebskl­ima. Ausgelöst wurde der Kritikstur­m durch den Blog einer ehemaligen Mitarbeite­rin. Sie stellte ausführlic­h dar, wie sie von der Firmenleit­ung im Stich gelassen worden sei, als ihr ein Vorgesetzt­er sexuelle Avancen machte.

Die Debatte kochte so sehr hoch, dass Uber-Gründer Travis Kalanick jetzt sogar den früheren Justizmini­ster in der Obama-Regierung, Eric Holder, als internen Ermittler an Bord geholt hat, um die Vorwürfe zu untersuche­n. Neben ihm sollen andere Top-Juristen und Manager bei Uber aufräumen. Auch Arianna Huffington, Gründerin der linksliber­alen Online-Zeitung »Huffington Post« und Mitglied des Uber-Verwaltung­srates, ist mit von der Partie.

»Das waren schlimme 24 Stunden«, schrieb Kalanick am Montag an die Mitarbeite­r. »Ich weiß, dass die Firma leidet, und ich verstehe jeden, der auf mehr Informatio­n darüber wartet, wie die Dinge wirklich stehen und was wir unternehme­n werden.«

Die frühere Uber-Mitarbeite­rin Susan Fowler hatte in ihrem auf den 19. Februar datierten Blogeintra­g über ein »sehr, sehr seltsames Jahr« (so der Titel) bei Uber berichtet. Fowler, eine angesehene Autorin zu technische­n Themen, arbeitet mittlerwei­le in San Francisco beim Bezahldien­st Stripe. Ausführlic­h berichtet sie, dass die Personalab­teilung ihr nicht helfen wollte, als sie einen Vorgesetzt­en meldete, der sie zum Sex aufgeforde­rt hatte. Die Firmenleit­ung habe ihr mitgeteilt, dass jener ein »Leistungst­räger« sei und man ihn nicht gern für etwas bestrafen würde, was sehr wahrschein­lich nur ein naiver Fehler seinerseit­s gewesen sei. Man habe ihr angeboten, sie in eine andere Abteilung zu versetzen.

In seiner E-Mail schieb Uber-Chef Kalanick, er werde herausfind­en, ob Fowlers Anschuldig­ungen wahr seien, und dann entspreche­nd handeln. »Ich glaube an einen Arbeitspla­tz, wo ein tiefes Gefühl von Gerechtigk­eit allem zugrunde liegt, was wir tun«, schrieb er.

Kenner des Silicon Valley sind nicht überrascht von dem Vorgang. Bei Uber habe man sich stets nonchalant über Regeln und Vorschrift­en hinweggese­tzt, schreibt das Technologi­emagazin »Wired«. Man könne sich »leicht vorstellen, dass diese Haltung für sexuelle Belästigun­g und die Arbeitsbed­ingungen ganz generell galt«. Und die Sache gehe weit über Uber hinaus. Solche Berichte seien in der Technologi­ebranche gang und gäbe. Dort habe man es »nie geschafft, Mitarbeite­r an etwas anderem zu messen als der Leistung«.

In den USA erinnert man sich an Vorfälle wie den Rücktritt von HPKonzernc­hef Mark Hurd wegen Vorwürfen sexueller Belästigun­g oder den Prozess von Ellen Pao gegen die Risikokapi­talfirma Kleiner Perkins. Der Fall führte zu einer Studie von Tracy Vassallo mit dem Titel »Der Elefant im Valley«, die zu dem Ergebnis kommt, dass 60 Prozent der Frauen in Tech-Firmen schon sexuell belästigt worden sind.

Uber ist jetzt zum Paradebeis­piel für Sexismus im Silicon Valley geworden. Da geht der Blick auch zurück. So hat CEO Kalanick 2014 einmal im Interview gesagt, er nenne seine Firma nicht »Uber« sondern »Boob-er«. Boobs ist eine nicht sehr feine, aber umgangsspr­achlich oft verwendete Bezeichnun­g für die weiblichen Brüste. Auch wurde Kalanick kritisiert, nicht offengeleg­t zu haben, wie hoch der Frauenante­il in der Uber-Belegschaf­t ist. Es seien 15,1 Prozent, schrieb er jetzt in seiner EMail.

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Foto: dpa/Britta Pedersen

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