Gelber Kuchen
Mit »konzertiertem Bahnfahren« protestierten Atomkraftgegner aus ganz Deutschland gegen Urantransporte
Regelmäßig rollen Nuklearbrennstoffe und Vorstufen per Lkw und Bahn durch Deutschland. Darunter sogenannte »Yellow Cakes« – »Gelbe Kuchen«. Am Wochenende gab es eine großangelegte Protestaktion.
Mit an Bord waren »Yellow Cakes« und Uranhexafluorid in kleinen Atomfässchen: Am Wochenende wurden erstmals nukleare Brennstoffe in den öffentlichen Personenzügen des norddeutschen Nahverkehrs transportiert. – Natürlich nur symbolisch.
Auf der zweitägig choreographierten Protestaktion bespielten Atomkraftgegnerinnen und -gegner Bahnstrecken von Kiel nach Trier, die regelmäßig für Urantransporte genutzt werden. Dies teilte der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) mit. Insbesondere wandten sich die Aktionen gegen die sogenannten Yellow Cake-Transpor- te über Kiel und Hamburg hin zur AREVA-Uranfabrik im südfranzösische Narbonne und gegen Transporte von Uranhexafluorid. Letztere führen von der französischen Konversionsanlage Pierrelatte hin zur einzigen deutschen Urananreicherungsanlage Gronau.
Nach Angaben des BBU waren Hunderte Mitglieder regionaler AntiAtomkraft-Initiativen für dieses Ereignis auf den Beinen. Ein harter Kern von Aktiven reiste die gesamte Bahnstrecke von Kiel nach Trier. Unterwegs versuchten sie, die wohl überraschten Mitreisenden für die Risiken der bislang relativ unbeachteten Urantransporte zu sensibilisieren. »Viele Leuten sind sich gar nicht bewusst, dass sie an einer Urantransportstrecke leben und haben von den gesundheitlichen Risiken keine Ahnung«, erklärt Udo Buchholz vom BBU.
In 15 Durchreiseorten der Atomkraftgegner und -gegnerinnen fanden zeitversetzt Aktionen und Mahn- wachen statt – jeweils organisiert von lokalen Initiativen; unter anderem in Kiel, Hamburg, Osnabrück, Münster, Trier und Duisburg. Viele lokalen Aktivisten stiegen in den Zug und begleiteten die Protesttour für einige Stationen. Die Abschlussaktion fand schließlich am Sonntag im westfälischen Gronau statt.
Der Verband kritisiert auch die mangelnde Absicherung der Urantransporte auf der Bahn. Sie erfolgten in der Regel ohne Polizeischutz, selbst die Kommunen, die jeweils durchfahren werden, würden vorab nicht über die gefährliche Fracht informiert. Bei einem Unfall müsse unter Umständen innerhalb weniger Minuten ein Bereich im Umkreis von mehreren Kilometern evakuiert werden. Unvorbereitet seien Hilfskräfte vor Ort kaum in der Lage, sofort angemessen zu reagieren.
Anti-Atomkraft-Initiativen und der BBU fordern das sofortige Verbot der häufig fahrenden Urantransporte und die unverzügliche Stilllegung der Uranfabrik im niedersächsischen Lingen und der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau. Beide Werke unterliegen keinerlei Laufzeitbegrenzung und in ihnen wird Nuklearbrennstoff für Atomkraftwerke im In- und Ausland produziert.
Die Protestgruppen planen bereits weitere Aktionen gegen Urananlagen und Nukleartransporte. So soll Karfreitag der Gronauer Ostermarsch zur Urananreicherungsanlage führen.
»Viele Leute sind sich gar nicht bewusst, dass sie an einer Urantransportstrecke leben.« Udo Buchholz, BBU