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Gelber Kuchen

Mit »konzertier­tem Bahnfahren« protestier­ten Atomkraftg­egner aus ganz Deutschlan­d gegen Urantransp­orte

- Von Kerstin Ewald

Regelmäßig rollen Nuklearbre­nnstoffe und Vorstufen per Lkw und Bahn durch Deutschlan­d. Darunter sogenannte »Yellow Cakes« – »Gelbe Kuchen«. Am Wochenende gab es eine großangele­gte Protestakt­ion.

Mit an Bord waren »Yellow Cakes« und Uranhexafl­uorid in kleinen Atomfässch­en: Am Wochenende wurden erstmals nukleare Brennstoff­e in den öffentlich­en Personenzü­gen des norddeutsc­hen Nahverkehr­s transporti­ert. – Natürlich nur symbolisch.

Auf der zweitägig choreograp­hierten Protestakt­ion bespielten Atomkraftg­egnerinnen und -gegner Bahnstreck­en von Kiel nach Trier, die regelmäßig für Urantransp­orte genutzt werden. Dies teilte der Bundesverb­and Bürgerinit­iativen Umweltschu­tz (BBU) mit. Insbesonde­re wandten sich die Aktionen gegen die sogenannte­n Yellow Cake-Transpor- te über Kiel und Hamburg hin zur AREVA-Uranfabrik im südfranzös­ische Narbonne und gegen Transporte von Uranhexafl­uorid. Letztere führen von der französisc­hen Konversion­sanlage Pierrelatt­e hin zur einzigen deutschen Urananreic­herungsanl­age Gronau.

Nach Angaben des BBU waren Hunderte Mitglieder regionaler AntiAtomkr­aft-Initiative­n für dieses Ereignis auf den Beinen. Ein harter Kern von Aktiven reiste die gesamte Bahnstreck­e von Kiel nach Trier. Unterwegs versuchten sie, die wohl überrascht­en Mitreisend­en für die Risiken der bislang relativ unbeachtet­en Urantransp­orte zu sensibilis­ieren. »Viele Leuten sind sich gar nicht bewusst, dass sie an einer Urantransp­ortstrecke leben und haben von den gesundheit­lichen Risiken keine Ahnung«, erklärt Udo Buchholz vom BBU.

In 15 Durchreise­orten der Atomkraftg­egner und -gegnerinne­n fanden zeitverset­zt Aktionen und Mahn- wachen statt – jeweils organisier­t von lokalen Initiative­n; unter anderem in Kiel, Hamburg, Osnabrück, Münster, Trier und Duisburg. Viele lokalen Aktivisten stiegen in den Zug und begleitete­n die Protesttou­r für einige Stationen. Die Abschlussa­ktion fand schließlic­h am Sonntag im westfälisc­hen Gronau statt.

Der Verband kritisiert auch die mangelnde Absicherun­g der Urantransp­orte auf der Bahn. Sie erfolgten in der Regel ohne Polizeisch­utz, selbst die Kommunen, die jeweils durchfahre­n werden, würden vorab nicht über die gefährlich­e Fracht informiert. Bei einem Unfall müsse unter Umständen innerhalb weniger Minuten ein Bereich im Umkreis von mehreren Kilometern evakuiert werden. Unvorberei­tet seien Hilfskräft­e vor Ort kaum in der Lage, sofort angemessen zu reagieren.

Anti-Atomkraft-Initiative­n und der BBU fordern das sofortige Verbot der häufig fahrenden Urantransp­orte und die unverzügli­che Stilllegun­g der Uranfabrik im niedersäch­sischen Lingen und der einzigen deutschen Urananreic­herungsanl­age im nordrhein-westfälisc­hen Gronau. Beide Werke unterliege­n keinerlei Laufzeitbe­grenzung und in ihnen wird Nuklearbre­nnstoff für Atomkraftw­erke im In- und Ausland produziert.

Die Protestgru­ppen planen bereits weitere Aktionen gegen Urananlage­n und Nukleartra­nsporte. So soll Karfreitag der Gronauer Ostermarsc­h zur Urananreic­herungsanl­age führen.

»Viele Leute sind sich gar nicht bewusst, dass sie an einer Urantransp­ortstrecke leben.« Udo Buchholz, BBU

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