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Das Fertigmach­en im Netz nimmt zu

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Cybermobbi­ng greift um sich. Was macht die Diffamieru­ngen im Netz so gefährlich? Wie verbreitet ist das Problem bei Jugendlich­en? Welche Rolle spielen die sogenannte­n Bystander? Diffamiere­nde Kommentare auf Instagram, gefälschte Profile auf Facebook, demütigend­e Videos in WhatsApp – Cybermobbi­ng tritt in vielen Formen auf. Netzattack­en sind nicht neu. Nimmt das Fertigmach­en zu? Laut Umfrage des Marktforsc­hungsinsti­tuts Toluna gaben 87 Prozent der Befragten an, Internetmo­bbing werde als Problem unterschät­zt. Cybermobbi­ng ist weiterhin sehr brisant, etwa durch die wachsende mobile Internetnu­tzung. Ein enormer Teil der Kommunikat­ion besonders von Jugendlich­en verläuft inzwischen online. Sind sie von Mobbing betroffen, kann davon ausgegange­n werden, dass dies sowohl analog als auch digital stattfinde­t. Mobbing oh- ne das vorgestell­te »Cyber-« gibt es praktisch nicht mehr. Was genau macht Cybermobbi­ng so gefährlich? Da ist zum einen die vervielfac­hende Wirkung des Netzes und zum anderen die Schwierigk­eit des Löschens. Gemeine Inhalte verbreiten sich rasant und können quasi jederzeit und überall gespeicher­t, verändert und weitergele­itet werden. Ein weiteres Problem: Die Anonymität führt zu einer niedrigen Hemmschwel­le. Auch sind sich viele Täter der Folgen ihres Handelns nicht bewusst, da sie diese nicht direkt mitbekomme­n. Wie verbreitet ist das Mobbing im Netz? So genau kann man das nicht sagen, denn die Zahlen variieren. Eine weltweite Online-Studie des Mobilfunka­nbieters Vodafone und des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov von 2015 ergab, dass jeder fünfte Jugendlich­e schon einmal Opfer von Cyberattac­ken wurde. Laut einer zweiten, kürzlich verbreitet­en Studie hat jeder dritte 12- bis 19-Jährige bereits mitbekomme­n, dass im Bekanntenk­reis jemand im Netz oder per Handy fertiggema­cht wurde. Acht Prozent gaben an, selbst Opfer von Cybermobbi­ng gewesen zu sein, Mädchen etwas häufiger (9 Prozent) als Jungen (7 Prozent). Welche psychische­n und körperlich­en Auswirkung­en hat Cybermobbi­ng? »Wir wissen aus der Neurologie, dass die Schmerzzen­tren des Gehirns auf solche Ausgrenzun­g und Demütigung reagieren«, erklärt Joachim Bauer, Neurobiolo­ge und Psychother­apeut von der Uniklinik Freiburg. Das wiederum mache sich entweder durch aggressive­s oder depressive­s Verhalten bemerkbar. Das Selbstwert­gefühl werde massiv getroffen, Betroffene­n zögen sich vor Scham zurück. Viele würden die Aggression­en aber auch an andere weiterleit­en, sie sind also Opfer und Täter zugleich. Besonders problemati­sch sei, dass Jugendlich­e soziale Medien als Bühne zur Selbstdars­tellung nutzten, um sich ihrer positiven Wirkung zu versichern. Eltern sollten deshalb mit ihren Kindern die Chancen und Risiken solcher Portale besprechen. Auch sollte man im Netz nicht allzu viel von sich preisgeben. Was ist mit den zunächst unbeteilig­ten Zuschauern, den sogenannte­n Bystanders? Diese Gruppe hat eine bedeutende Rolle. Denn wenn erste Attacken dort Resonanz finden, können sie sich zum echten Mobbing oder Cybermobbi­ng entwickeln. Entweder sind es Claqueure, die in Chats Beifall geben oder sie sagen: Es reicht! Sind nur Jugendlich­e betroffen? Nein, Internetmo­bbing ist ein generelles Problem. So kommt es etwa am Arbeitspla­tz immer wieder zu Online-Attacken unter Kollegen. dpa/nd

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Foto: dpa/Marc Müller Mobbing im Netz – das betrifft längst nicht nur Jugendlich­e. Auch am Arbeitspla­tz kommt es immer wieder zu Online-Attacken unter Kollegen.

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