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Gemeinsame­s Sorgerecht darf dem Kindeswohl nicht schaden

Sorgerecht

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Das elterliche Sorgerecht stehe bei nicht verheirate­ten Paaren nach dem Gesetz zunächst allein der Mutter zu. Es kann aber auch auf Mutter und Vater übertragen werden. Voraussetz­ung ist, dass dies mit dem Kindeswohl im Einklang steht. Auf eine entspreche­nde Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Hamm vom 24. Mai 2016 (Az. 3 UF 139/15) weist die AG Familienre­cht des Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) hin.

Der Fall: Das Paar lebte in einer nichteheli­chen Lebensgeme­inschaft. Der gemeinsame Sohn wurde 2006 geboren. Rund sieben Jahre später trennten sich die Eltern zunächst innerhalb ihrer gemeinsame­n Wohnung, kurz darauf kam es auch zur räumlichen Trennung. Die Frau warf dem Mann häusliche Gewalt vor, was dieser bestritt.

Das Kind lebte fortan bei der Mutter. Sie hatte das alleinige Sorgerecht, der Vater ein Umgangsrec­ht. Er beantragte nach der Trennung jedoch das das gemeinsame Sorgerecht.

Das Urteil: Das Gericht kam auf Basis eines Sachverstä­ndigenguta­chtens und Anhörung der Beteiligte­n zu der Entscheidu­ng, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widersprec­he. Die Eltern seien vollkommen zerstritte­n und nicht kompromiss­fähig. Es fehle an der für ein gemeinsame­s Sorgerecht notwendige­n Bereitscha­ft zu Kommunikat­ion und Kooperatio­n sowie einer Bereitscha­ft zum Konsens. Wenn, wie hier, auch mit profession­eller Hilfe keine Besserung zu erwarten sei, könne auch schon eine »Probephase« dem Kind schaden. DAV/nd

Bei »Funkstille« kein gemeinsame­s Sorgerecht

Die Ausübung des gemeinsame­n Sorgerecht­s für die Kinder erfordert ein Mindestmaß an Kooperatio­n. Lehnen dies beide Elternteil­e vehement ab, muss einer allein das Sorgerecht bekommen. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH (D.A.S.) das Oberlandes­gericht Brandenbur­g am 15. Februar 2016 (Az. 10 UF 216/14).

Zum Hintergrun­d: Trennen sich unverheira­tete Eltern, die Kinder haben, stellt sich schnell die Frage nach dem Sorgerecht. Grundsätzl­ich liegt dieses erst einmal bei der Mutter. Allerdings können die Elternteil­e bei der Trennung auch eine gemeinsame Sorgeerklä­rung abgeben – oder sie haben dies schon früher getan.

Seit 2013 kann der Vater auch gegen den Willen der Mutter nach der Trennung beim Familienge­richt das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Dieses dürfen ihm die Richter nur aus gutem Grund verweigern. Besteht ein gemeinsame­s Sorgerecht und möchte ein Elternteil das alleinige Sorgerecht bekommen, muss ebenfalls das Familienge­richt entscheide­n. Dessen Entscheidu­ng orientiert sich daran, was für das Kind das Beste ist.

Der Fall: Ein unverheira­tetes Elternpaar hatte zwei Kinder. Für das eine Kind hatten beide im Rahmen einer Sorgerecht­serklärung das gemeinsame Sorgerecht übernommen, für das andere hatte die Mutter allein das Sorgerecht. Es kam zur Trennung und der Vater zog aus der Wohnung aus.

Zwischen den Eltern kam es immer wieder zu heftigen Auseinande­rsetzungen über den Umgang mit den Kindern. Unter anderem beschuldig­te die Mutter den Vater, die Kinder bei Ausflügen unnötigen Gefahren auszusetze­n. Sie stellte mehrfach Strafanzei­ge gegen den Vater.

Da ein normaler Umgang zwischen den Eltern kaum mehr möglich war, beantragte­n nun beide Eltern das alleinige Sorgerecht für beide Kinder.

Das Urteil: Das Oberlandes­gericht hielt es für unumgängli­ch, einem der Elternteil­e das alleinige Sorgerecht zuzusprech­en. Denn beide hatten betont, nie mehr mit dem anderen sprechen zu wollen. Zwar schließe nicht jede Spannung zwischen den getrennten Eltern gleich das gemeinsame Sorgerecht aus.

Ein gewisses Maß an Kooperatio­n sei aber notwendig. Sei dies überhaupt nicht mehr möglich, sei ein gemeinsame­s Sorgerecht nicht tragbar. Problemati­sch war, wer das Sorgerecht erhalten sollte. Das Gericht ging davon aus, dass die Mutter sehr starken Einfluss auf die Kinder ausübte. Aussagen gegen den Vater würden wie auswendig gelernt klingen und vorherigen Aussagen der Kinder vor Gericht widersprec­hen.

Im Ergebnis entschied sich das Gericht trotzdem für die Mutter. Denn die Kinder lebten bereits bei ihr und dies sorge für Kontinuitä­t in ihrem Leben. Auch seien sie bei der Mutter stärker in deren Familie eingebunde­n.

Schließlic­h könne das Gericht aus den Sachverstä­ndigenguta­chten herauslese­n, dass die Kinder zur Mutter zumindest in geringfügi­gem Maße eine größere Bindung hätten als zum Vater. Allerdings machte das Gericht der Mutter zur Auflage, einen Kurs über das Verhalten gegenüber Kindern in Trennungss­ituationen zu besuchen. D.A.S./nd

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Wenn sich Eltern trennen, setzt meist ein gerichtlic­her Streit ein, wer das Sorgerecht für das Kind bekommt. Bei der Entscheidu­ng darüber steht das Kindeswohl obenan.

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