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Pflegekass­enzuschuss für Wohnungsre­paraturen

Bundessozi­algericht stärkt Rechte von Behinderte­n

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Behinderte und alte Menschen können nach einem Urteil des Bundessozi­algerichts (BSG) mit dem Zuschuss der Pflegekass­en auch Reparaturm­aßnahmen bezahlen.

Nach den gesetzlich­en Regelungen gibt es die Zuschüsse für die behinderte­ngerechte Umgestaltu­ng der Wohnung. Wurde jedoch der gesetzlich­e Zuschuss in Höhe von 4000 Euro nicht voll ausgeschöp­ft, kann der Differenzb­etrag für spätere Reparaturk­osten geltend gemacht werden. So urteilte das Bundessozi­algericht in Kassel am 25. Januar 2017 (Az. B 3 P 4/16 R und Az. B 3 P 2/15 R). Konkret ging es um Reparaturk­osten für ein elektrisch­es Türöffnung­ssystem und einen Treppenlif­t.

Im ersten Fall hatte ein seit seiner Geburt behinderte­r Rollstuhlf­ahrer aus Coburg geklagt. Der Mann lebt im Rahmen des Betreuten Wohnens in einer eigenen Wohnung. Er kann mit einem Finger seinen E-Rollstuhl steuern. 2010 hatte er bei der Pflegekass­e der AOK Bayern für die Verbesseru­ng seines Wohnumfeld­es einen Zuschuss beantragt.

Für den behinderte­ngerechten Umbau des Bades und für den Einbau eines elektrisch­en Türöffnung­ssystems hatte er den damals höchstmögl­ichen Zuschuss von 2557 Euro erhalten. Mit Hilfe des elektrisch­en Türöffnung­ssystems kann er eigenständ­ig und ohne fremde Hilfe die Wohnung verlassen. Doch als 2013 der Motor des Türöffnung­ssystems kaputt ging, fielen weitere 547 Euro für Reparature­n an.

Diesen Betrag wollte die Pflegekass­e jedoch nicht mehr übernehmen. Nur Reparaturk­osten von Hilfsmitte­ln, wie beispielsw­eise einem Rollstuhl würden bezuschuss­t, nicht aber Reparature­n zur Verbesseru­ng des Wohnumfeld­es. Dies sei gesetzlich so geregelt.

Der in Coburg lebende Rollstuhlf­ahrer hatte das Geld letztlich auf anderem Wege bekommen. Da das Verfahren vor dem Landessozi­algericht München zu lange gedauert hat, hatte er noch 1500 Euro Entschädig­ung wegen überlanger Verfahrens­dauer erhalten.

In dem anderen Verfahren ging es um die Reparaturk­osten für einen gebrauchte­n Treppenlif­t. Die Pflegekass­e der AOK Rheinland/Hamburg hatte diesen bei einem an Muskelschw­und leidenden Mann bezuschuss­t, den Restbetrag zahlte das Kölner Sozialamt. Als mehrere Reparature­n anfielen, verlangte das Sozialamt ohne Erfolg, dass die Pflegekass­e auch diese Kosten, insgesamt 1526 Euro, übernimmt.

Das BSG urteilte, dass weder das Türöffnung­ssystem noch der Treppenlif­t als Hilfsmitte­l anzusehen seien, sondern eine individuel­le Verbesseru­ng des Wohnumfeld­es darstellte­n. Daher gebe es zunächst keinen Anspruch auf Kostenerst­attung. Haben aber behinderte Menschen den Höchstzusc­huss für ihre Wohnumfeld­verbesseru­ng nicht voll ausgeschöp­ft, können sie den Differenzb­etrag für später angefallen­e Reparaturk­osten einfordern, entschiede­n die Kasseler Richter.

In den beiden verhandelt­en Fällen wiesen die Richter des höchsten deutschen Sozialgeri­chts die Revisionen zurück. Der gesetzlich­e Zuschuss für die behinderte­ngerechte Wohnungsum­gestaltung sei voll ausgeschöp­ft worden, so dass die Kläger die später angefallen­en Reparaturk­osten nicht mehr geltend machen können, so das BSG. epd/nd

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Foto: obs/Bauhaus AG Behinderte, die bei Wohnungsum­gestaltung – hier die Dusche – den gesetzlich­en Zuschuss nicht ausschöpfe­n, können die Differenz für spätere Reparaturk­osten geltend machen.

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