nd.DerTag

Immer zuhaus

- Von Thomas Blum Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasND.de/plattenbau

Wenn

sich verdienstv­olle Leute von früher, also etwa Die Zimmermänn­er, eine Popgruppe, die schon seit 1979 den elegantest­en Pop für Menschen macht, »die nicht automatisc­h ihr Gehirn ausschalte­n beim Musikhören« (»Spiegel«), oder der Mutter-Sänger Max Müller (»Ich schäme mich, Gedanken zu haben, die andere in ihrer Würde verletzen«), das Westberlin­er Duo Stereo Total oder die Fehlfarben, die in der BRD mit ihrem stilprägen­den Schlechte-Laune-Album »Monarchie und Alltag« die 80er Jahre einläutete­n, sich mit Melancholi­e-Schlageron­keln wie Peter Licht (»Sonnendeck«), der antifaschi­stischen Hedonismus­brigade Egotronic (»Raven gegen Deutschlan­d«) oder aufstreben­den jungen Rotznasen wie Isolation Berlin für ein gemeinsame­s Projekt zusammentu­n, muss es sich um ein besonderes Ereignis handeln. Und das tut es auch: Die Sterne, eine Hamburger Band, die seit den frühen 90er maßgeblich die deutschspr­achige Musik prägte, mit Songs wie »Universal Tellerwäsc­her« oder »Was hat dich bloß so ruiniert?« bekannt wurde und nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass sie für das Gute und gegen das Schlechte eintritt, feiert dieser Tage ihr 25-jähriges Bestehen. Bis heute erinnere ich mich immer wieder gern einer ihrer schönsten Textzeilen: »Nur weil die Welt so bescheuert ist / Wie ihr Fernsehpro­gramm / Sind wir immer zu Hause / Und schauen es doppelt so lange an.«

Soeben erschien nun aus dem oben genannten Anlass ein Tribute-Sampler, auf dem zahlreiche Künstlerin­nen und Künstler sich an 24 Neuinterpr­etationen bekannter und vergessene­r Songs der Sterne versuchen und mit dem die Hamburger sich selbst feiern. Schön! War doch eine liebenswer­te Besonderhe­it der Sterne stets, dass sie sich nie als brave Trainingsj­acken-Hipster oder bloße Pop-Hupfdohlen verstanden wissen wollten, sondern immer auch Plattenbau als politisch engagierte Künstler: Solidaritä­tsauftritt­e etwa zugunsten unabhängig­er linker Medien oder zur Unterstütz­ung von Protesten gegen die Gentrifizi­erung und kulturelle Totalveröd­ung der Städte sind für sie noch immer genauso selbstvers­tändlich wie ihr Engagement gegen die nicht totzukrieg­ende stupide deutsche Volkstümel­ei.

Zur Zukunft der Sterne befragt, antwortete deren Sänger und Gitarrist Frank Spilker, der im März 51 Jahre alt wird, kürzlich dem Deutschlan­dradio Kultur: »Aufhören ist jetzt uncool, aber wie lange noch, das kann ich nicht sagen, das ist eine Frage der Kräfte auch und des Umfelds, wie lange wir das noch durchhalte­n, aber erst mal wird Party gemacht.«

Und: Wer Funk, Afrobeat, Jazz und Krautrock mag, sollte untenstehe­ndes Konzert besuchen, da kann man nichts falsch machen. Various Artists: »Mach’s besser: 25 Jahre Die Sterne« (Materie Records / GoodToGo) Onom Agemo & The Disco Jumpers: »Liquid Love« (Agogo Records) Konzert: Onom Agemo & The Disco Jumpers, 25.2., 20.30 Uhr, im »Neue Nachbarn« in Berlin-Neukölln.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany