Immer zuhaus
Wenn
sich verdienstvolle Leute von früher, also etwa Die Zimmermänner, eine Popgruppe, die schon seit 1979 den elegantesten Pop für Menschen macht, »die nicht automatisch ihr Gehirn ausschalten beim Musikhören« (»Spiegel«), oder der Mutter-Sänger Max Müller (»Ich schäme mich, Gedanken zu haben, die andere in ihrer Würde verletzen«), das Westberliner Duo Stereo Total oder die Fehlfarben, die in der BRD mit ihrem stilprägenden Schlechte-Laune-Album »Monarchie und Alltag« die 80er Jahre einläuteten, sich mit Melancholie-Schlageronkeln wie Peter Licht (»Sonnendeck«), der antifaschistischen Hedonismusbrigade Egotronic (»Raven gegen Deutschland«) oder aufstrebenden jungen Rotznasen wie Isolation Berlin für ein gemeinsames Projekt zusammentun, muss es sich um ein besonderes Ereignis handeln. Und das tut es auch: Die Sterne, eine Hamburger Band, die seit den frühen 90er maßgeblich die deutschsprachige Musik prägte, mit Songs wie »Universal Tellerwäscher« oder »Was hat dich bloß so ruiniert?« bekannt wurde und nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass sie für das Gute und gegen das Schlechte eintritt, feiert dieser Tage ihr 25-jähriges Bestehen. Bis heute erinnere ich mich immer wieder gern einer ihrer schönsten Textzeilen: »Nur weil die Welt so bescheuert ist / Wie ihr Fernsehprogramm / Sind wir immer zu Hause / Und schauen es doppelt so lange an.«
Soeben erschien nun aus dem oben genannten Anlass ein Tribute-Sampler, auf dem zahlreiche Künstlerinnen und Künstler sich an 24 Neuinterpretationen bekannter und vergessener Songs der Sterne versuchen und mit dem die Hamburger sich selbst feiern. Schön! War doch eine liebenswerte Besonderheit der Sterne stets, dass sie sich nie als brave Trainingsjacken-Hipster oder bloße Pop-Hupfdohlen verstanden wissen wollten, sondern immer auch Plattenbau als politisch engagierte Künstler: Solidaritätsauftritte etwa zugunsten unabhängiger linker Medien oder zur Unterstützung von Protesten gegen die Gentrifizierung und kulturelle Totalverödung der Städte sind für sie noch immer genauso selbstverständlich wie ihr Engagement gegen die nicht totzukriegende stupide deutsche Volkstümelei.
Zur Zukunft der Sterne befragt, antwortete deren Sänger und Gitarrist Frank Spilker, der im März 51 Jahre alt wird, kürzlich dem Deutschlandradio Kultur: »Aufhören ist jetzt uncool, aber wie lange noch, das kann ich nicht sagen, das ist eine Frage der Kräfte auch und des Umfelds, wie lange wir das noch durchhalten, aber erst mal wird Party gemacht.«
Und: Wer Funk, Afrobeat, Jazz und Krautrock mag, sollte untenstehendes Konzert besuchen, da kann man nichts falsch machen. Various Artists: »Mach’s besser: 25 Jahre Die Sterne« (Materie Records / GoodToGo) Onom Agemo & The Disco Jumpers: »Liquid Love« (Agogo Records) Konzert: Onom Agemo & The Disco Jumpers, 25.2., 20.30 Uhr, im »Neue Nachbarn« in Berlin-Neukölln.