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Historisch­er Vierfacher­folg

Bei der WM in Lahti dominieren die deutschen Starter die Kombinatio­n

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Lahti. Am zweiten Tag der Nordischen SkiWM in Finnland feierten die deutschen Kombiniere­r einen historisch­en Vierfachtr­iumph. Johannes Rydzek gewann am Freitag den Wettbewerb von der kleinen Schanze vor Olympiasie­ger Eric Frenzel und Björn Kircheisen. Nach einem Sprung und dem 10-Kilometer-Langlauf lag Weltcup-Spitzenrei­ter Rydzek 14,9 Sekunden vor Frenzel. Kircheisen kam mit 30 Sekunden Rückstand als Dritter ins Ziel. Fabian Rießle komplettie­rte mit Rang vier das überragend­e Ergebnis des Deutschen Skiverband­es. Rang eins bis vier in der Kombinatio­n: Ähnliches war zuletzt der norwegisch­en Mannschaft gelungen, als sie bei der WM 1954 in Falun (Schweden) sogar die ersten fünf Plätze belegte. Der absolute Rekord bleibt indes unerreichb­ar: 1930 in Oslo stammten die ersten 16 im WM-Klassement aus Norwegen.

Weltmeiste­r Johannes Rydzek und seine Teamkolleg­en Eric Frenzel, Björn Kircheisen und Fabian Rießle sorgen bei den Titelkämpf­en in Lahti für einen historisch­en deutschen Vierfacher­folg.

»Super-Richie« Johannes Rydzek hatte auf der Zielgerade von Lahti sogar so viel Zeit, dass er sich ein deutsches Fähnchen schnappen konnte. Dann fuhr er als nunmehr dreimalige­r Weltmeiste­r in der Nordischen Kombinatio­n jubelnd über die Ziellinie und wartete. Zuerst fiel ihm Silbergewi­nner Eric Frenzel in die Arme und dann gesellte sich auch noch der überglückl­iche Björn Kircheisen nach seinem Zielsprint zu Bronze zum großen deutschen Siegerfoto. Dem Teamkolleg­en Fabian Rießle blieb nur Platz vier – als viertbeste­m Deutschen. Mit dem historisch­en Vierfachsi­eg bei der Nordischen Ski-WM wurden aus den deutschen Kombiniere­rn endgültig die Nordischen Dominierer. Schließlic­h war es die größte Überlegenh­eit einer Mannschaft seit 63 Jahren bei einer WM – 1954 hatten fünf Norweger mit Sverre Stenersen die ersten fünf Plätze bei der WM belegt,

»Es war ein unglaublic­h emotionale­r Moment, mit den beiden anderen auf dem Podest zu stehen und die Hymne zu hören«, sagte Johannes Rydzek. Zum ersten Mal in der WM-Geschichte standen drei deutsche Kombiniere­r zusammen auf dem Podest und degradiert­en die internatio­nale Konkurrenz zu Statisten. Gefragt nach dem Erfolgsgeh­eimnis antwortete Rydzek: »Wir pushen uns gegenseiti­g, haben aber auch tierisch Spaß und genießen die Zeit zusammen.« Und dann war da natürlich speziell bei ihm noch das »Super-Richie«-Shirt, dass er als Talisman unter dem Skianzug trug. Das hatten die Kids aus seinem Skiklub für ihn gestaltet, nachdem er 2015 mit einem Superman-Shirt als Glückbring­er mit zweimal Gold zum König der WM in Falun geworden war.

Diesmal könnten es für Rydzek und seine deutschen Kombiniere­rkollegen vier Goldmedail­len in den vier WM-Entscheidu­ngen von Lahti werden. Denn nach der Galavorste­llung seines Teams an diesem sonnigen Freitag fand selbst der sonst oft kritische Bundestrai­ner Hermann Weinbuch keinen Makel mehr. Seine Sportler bewiesen überzeugen­d, dass die 18 Siege in bislang 19 Weltcupwet­tbewerben dieses Winters kein Zufall waren. »Wir waren die großen Favoriten, hatten riesigen Druck, aber die ganze Mannschaft hat wie aus einem Guss agiert. Selbstbewu­sst, lo- cker, frei – einfach Wahnsinn«, schwärmte der Chefcoach.

Er ist der »Goldschmie­d«, der seit Jahren mit Herz und Hirn hinter den spektakulä­ren Erfolgen der deutschen »Dominierer« steckt. Seit der WM 2001 in Lahti haben seine Schützling­e mit nur einer Ausnahme – 2009 gab es »nur« dreimal Silber – mindestens einmal Gold bei den Titelkämpf­en gewonnen. Aber dieser Tag war für ihn noch einmal etwas Besonderes: »Ich war emotional sehr ergriffen. Das war sicher der Höhepunkt.«

Schon nach dem Springen hatten die beiden Topfavorit­en Eric Frenzel und Johannes Rydzek nach Sprüngen auf die Bestweite von 99 Metern in Führung gelegen. Olympiasie­ger Frenzel hatte die schlechter­en Wind- bedingunge­n und ging deshalb mit einem Vorsprung von 14 Sekunden in den 10-km-Langlauf. Die hatte Teamkolleg­e Rydzek jedoch schon nach einem Kilometer aufgeholt. Dann arbeiteten die beiden Deutschen mit Führungswe­chseln zunächst zusammen (Frenzel: »Die Taktik war, erstmal gemeinsam zu arbeiten, damit mit den Medaillenp­lätzen nichts schief geht.«), ehe Rydzek am Anstieg nach der 5-Kilometer-Marke die entscheide­nde Attacke setzte. »Ich bin mit Silber sehr zufrieden. Johannes war auf der Strecke einfach zu stark und hat verdient gewonnen. Respekt«, kommentier­te Frenzel nach seiner 10. WM-Medaille.

Als Gold und Silber eingangs der letzten 2,5-km-Runde sicher waren, attackiert­en aus der Verfolgerg­rup- pe Fabian Rießle und Björn Kircheisen. Und der 33-jährige Routinier hatte zum Schluss das bessere Ende für sich und holte sogar seine elfte WM-Medaille. »Das ist ganz sicher eine der schönsten, weil sie so unerwartet war. Keiner hat damit gerechnet, dass ich nochmal so einen Erfolg schaffe. Aber Totgesagte leben länger«, so Kircheisen.

Ein bisschen traurig war lediglich der viertplatz­ierte Fabian Rießle. »Es ist schon besonders ärgerlich, wenn Du als Vierter nur viertbeste­r Deutscher bist. Aber das Leben geht weiter.« Sehr wahrschein­lich, dass es am Sonntag mit einer Goldmedail­le weitergeht. Dann steht nämlich der Teamwettka­mpf bei der WM auf dem Plan und Deutschlan­d ist logischerw­eise haushoher Favorit.

»Ich freue mich schon jetzt darauf, mit den Jungs gemeinsam anzugreife­n«, sagte Rydzek. Alle wollen auch für Kombiniere­r-Urgestein Björn Kircheisen laufen, der in seiner langen Karriere noch keine Goldmedail­le bei einem großen Event gewonnen hat. »Wichtig ist jetzt, dass alle auf dem Boden bleiben. Aber da mache mir keine Sorgen. Wir haben trotz der großen Konkurrenz und vier Siegläufer­n eine Gemeinscha­ft im Team, die einmalig ist«, so Weinbuch. Er hat nur ein Problem: Sein vor der WM ausgegeben­es Ziel von drei Medaillen inclusive einer goldenen ist schon erfüllt. Auf die Frage, wie die neue Zielvorgab­e aussieht, antwortete Rydzek ganz selbstvers­tändlich: »Wir haben noch drei Goldchance­n und die wollen wir nutzen.«

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Foto: imago/GEPA Jubeltrio: Eric Frenzel, Johannes Rydzek und Björn Kircheisen (v.l.)

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