nd.DerTag

Ein Kurdenstaa­t – und dann?

- Roland Etzel zum Wunsch Barzanis nach Loslösung von Irak

Verschwind­et der irakische Staat in seinen aktuellen Grenzen endgültig im Orkus der Geschichte? Ja – wenn es nach den Vorstellun­gen der irakischen Kurden geht. Die Zeiten, da ein Präsident in Bagdad auch über den kurdischen Nordteil des irakischen Staatsterr­itoriums gebieten konnte, sind in der Tat schon lange vorbei. Seit die US-Armee nach der Vertreibun­g der irakischen Invasoren aus Kuwait 1991 über Irakisch-Kurdistan eine Flugverbot­szone errichtete, hat der Zentralsta­at keinen Zugriff mehr auf dieses Gebiet.

Kurdenführ­er Barzani reicht der Autonomies­tatus nun nicht mehr. Das von ihm ins Auge gefasste Unabhängig­keitsrefer­endum bedeutete, fände es statt, mit Sicherheit die förmliche Trennung und zum ersten Mal in der Geschichte einen kurdischen Staat. Ein Traum würde wahr, doch dass es ihn bisher nicht gab, lag an der Übermacht seiner Gegner, und die sind immer noch da und dagegen. Aus Ankara, auch aus Teheran wird es scharfen Gegenwind geben.

Die Folgen einer nicht einvernehm­lichen Unabhängig­keit sind folglich kaum abzuschätz­en. Die Büchse der Pandora in Mittelost ist bereits weit geöffnet. Die Region wäre um einen Teilkonfli­kt reicher, der niemandem nützen kann, auch nicht den Kurden. Mag die aktuelle staatliche Ordnung der Region auch alle Kainsmale kolonialer Grenzziehu­ng tragen und obsolet erscheinen – Unilateral­ismus kann sie allenfalls verschlimm­bessern.

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