Kampf um Mossul
Al Madda, Irak Uneinige Iraker
Dem Vernehmen nach beteiligen sich an der Rückeroberung Mossuls insgesamt 65 Staaten. Doch während die Welt Irak beisteht, um das Land vom Ungeheuer des Terrorismus zu befreien, sind die Iraker selbst alles andere als vereint. Politische Kräfte, vor allem im Umfeld der Regierung in Bagdad, ringen um Macht, Einfluss und Geld. Die längst gängige Polemik hat auch die einzelnen ethnischen Gruppen erreicht – Sunniten ebenso wie Schiiten und Kurden. Die eigenen Interessen sind ihnen längst wichtiger als die Befreiung von Mossul oder die Sorge um den Staat als Ganzes.
The Times, Großbritannien Menschen in der Falle
Der Kampf wird lange dauern, und er birgt die Gefahr einer menschlichen Katastrophe: Die Gassen von Mossul sind eng und gewunden, rund 650 000 Menschen, unter ihnen viele Kinder, sitzen in ihren Häusern in der Falle und sie haben kaum mehr Nahrung, Wasser oder Strom. Viele IS-Kämpfer werden wohl in den Untergrund gehen und Terroranschläge in Irak und gegen westliche Ziele organisieren. Der Kampf gegen den IS muss so lange fortgesetzt werden, bis die Miliz vollständig zerschlagen ist. Solange der IS noch irgendein Territorium kontrolliert und seine barbarische Version eines angeblich reinen Islams durchsetzen kann, wird er seine Anziehungskraft für einige Muslime behalten.
Neue Zürcher Zeitung, Schweiz Eine viel größere Misere
Es wird noch eine Weile dauern, bis die Extremisten des Islamischen Staats aus der zweitgrößten Stadt des Landes vertrieben sind. Aber der Tag wird kommen, daran besteht kein Zweifel. Die militärische Aufbauarbeit der Amerikaner und ihrer Verbündeten hat sich ausgezahlt. Doch der Sieg auf dem Schlachtfeld wird nur die erste Etappe in einem langen und zähen Kampf sein. Übersehen wird gerne, dass der IS nicht die Ursache, sondern das Symptom einer viel größeren Misere ist. Es sind die ethnischen und religiösen Spannungen, die schwachen Institutionen und die Korruption in Irak, die den Aufstieg dieser Terrororganisation erst ermöglicht haben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Wenhuibao, China Trump wenig hilfreich
Auch nach einer Rückeroberung von Mossul stehen Irak noch lange keine rosigen Zeiten bevor. Die vertriebenen IS-Kämpfer werden zur Guerillataktik übergehen. Außerdem dürfte noch geraume Zeit vergehen, bis auch der ideologische Einfluss der Terrororganisation zurückgedrängt wird. Hinzu kommt, dass man neben dem IS auch noch die Terrororganisation Al-Kaida auf der Rechnung haben muss, die in jüngster Zeit ihre Präsenz in Irak wieder ausbauen konnte. Für eine Stabilisierung des Landes war es auch wenig hilfreich, dass US-Präsident Trump äußerte, irakisches Erdöl konfiszieren zu wollen.
Aftonbladet, Schweden Nicht nur militärische Aufgabe
In den vom IS kontrollierten Teilen der Stadt leben mehrere hunderttausend Zivilisten, und niemand weiß, welchen Widerstand die Islamisten leisten werden. Die Situation in der Stadt ist schon heute entsetzlich, und sie könnte sich nochmals drastisch verschlimmern, wenn hunderttausende Menschen in die Flucht getrieben werden oder in einer Kampfzone landen. Zudem steigt die Gefahr, dass sich die politischen Gegensätze in Irak wieder verschärfen. Die Befreiung von Mossul ist daher nicht nur eine militärische Aufgabe – es geht auch darum, die Menschen vor einer Katastrophe zu bewahren.
Politiken, Dänemark Alte Gegensätze
Wenn der IS abzieht, könnte es zu Racheaktionen kommen. Die Gegensätze zwischen den Bevölkerungsgruppen sind alt und reichen tief. Der IS entstand nicht als Dämon aus dem Koran, sondern aufgrund der sozialen und politischen Marginalisierung der Sunniten im Irak, und er konnte Mossul 2014 auch deshalb so schnell erobern, weil viele Sunniten in ihm eine Art Befreiung von der schiitischen Dominanz in Bagdad sahen.