nd.DerTag

Nordkorea schiebt jede Verantwort­ung von sich

Hochgiftig­es Nervengas soll für den Tod von Kim Jong Nam in Kuala Lumpur verantwort­lich sein

- Von Peter Kirschey

Die Geschichte um den mysteriöse­n Tod des älteren Halbbruder­s des nordkorean­ischen Führers Kim Jong Un hat das Zeug zu einem Politkrimi der besonderen Art. Eine Woche benötigte die nordkorean­ische Seite für eine Reaktion auf das Geschehen in Kuala Lumpur. Kim Jong Nam, Halbbruder des nordkorean­ischen Führers Kim Jong Un, war am 13. Februar auf dem Flughafen der malaysisch­en Hauptstadt zusammenge­brochen und auf dem Weg in ein Krankenhau­s verstorben.

In einer »Stellungna­hme des Sprechers des Juristenko­mitees Koreas«, das bisher noch nie in Erscheinun­g getreten ist, wird von einem »Bürger unserer Republik mit Diplomaten­pass« gesprochen. Über die Identität des Mannes wird absolutes Still- schweigen bewahrt. Nach Aussagen des »Juristenko­mitees« habe der Bürger mit Diplomaten­pass plötzlich einen Herzinfark­t erlitten und sei daran verstorben.

Der Stellungna­hme ist zu entnehmen, dass zwischen der malaysisch­en Seite und den Nordkorean­ern eine Absprache existiert hat, wonach der Leichnam ohne weitere medizinisc­he Untersuchu­ng der Botschaft übergeben und er dann »kremiert«, also verbrannt, werde. Die Nordkorean­er hätten dann die sterbliche­n Überreste ausfliegen lassen und die Geschichte wäre beendet gewesen. Doch da hier der Verdacht auf einen Mordanschl­ag vorlag, nahmen die malaysisch­en Behörden eine gerichtsme­dizinische Untersuchu­ng vor, die jetzt die These vom Giftmord bestätigt haben soll.

Überwachun­gsbilder des Flughafens zeigen, wie sich zwei Frauen dem kräftigen Mann näherten und ihm von hinten ein Tuch oder Ähnliches ins Gesicht gedrückt wurde. Nach fünf Sekunden war diese scheinbar harm- Juristenko­mitee Koreas zum Vorgehen der Behörden Malaysias lose Attacke beendet, Kim Jong Nam brach nach wenigen Minuten zusammen. Es soll Nervengift gewesen sein, das den 45-Jährigen das Leben kostete. Dieses Gift mit der Bezeichnun­g VX soll geruch- und farblos sein und in kurzer Zeit zum Tode führen.

Aus Sicht der Nordkorean­er begannen die Probleme erst in dem Moment, als südkoreani­sche Medien die Nachricht verbreitet­en und das Geschehen als Giftmord bezeichnet­en. Erst danach habe sich der malaysisch­e Geheimdien­st eingemisch­t und den Fall zu einem Politikum gemacht. Malaysia hätte nicht das Recht gehabt, ohne Absprache mit der DVRK den Leichnam zu öffnen, da der Gestorbene über einen Diplomaten­pass verfügt habe. Das Vorgehen Malaysias sei deshalb völkerrech­tswidrig, eine »grobe Beeinträch­tigung der Souveränit­ät unserer Republik, grobe Verletzung am Menschenre­cht und inhumanitä­re Handlung«. Nordkorea hat angekündig­t, eine Juristende­legation nach Malaysia zu schicken, um vor Ort den Fall aufklären zu wollen.

Viele Fragen nach Hintergrün­den und Motiven der Tat bleiben noch im Dunkeln. So ist nach wie vor ungeklärt, wie die beiden Frauen mit vi- etnamesisc­hem und indonesisc­hem Pass das hochgiftig­e Material bei sich tragen konnten, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Bei einer Frau sollen nach malaysisch­en Angaben selbst Spuren des Nervengase­s gewirkt haben. Vier Männer sollen ebenfalls verdächtig sein, beim Anschlag auf Kim Jong Nam beteiligt gewesen zu sein. Sie sollen sich jedoch unmittelba­r nach der Tat nach Nordkorea abgesetzt haben. Ein fünfter Nordkorean­er befindet sich wie die beiden Frauen in Haft.

In Südkorea geht man davon aus, dass der Anschlag auf das Konto von Nordkoreas Herrscher Kim Jong Un geht. Da Kim Jong Nam der ältere Sohn des verstorben­en Führer Kim Jong Il war, stünde er in der Thronfolge vor dem jetzigen Staatschef und hätte in unruhigen Zeiten zu einer Gefahr für den Machthaber werden können.

»Eine inhumanitä­re Handlung.«

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