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Shoppen statt schuften

Japaner sollen Freitags eher frei bekommen

- Von Natsuko Fukue, Tokio dpa/nd

Die Einwohner Japans arbeiten viel zu lange. Das schadet nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Volkswirts­chaft. Nun will die Regierung ihnen mehr Zeit zum Einkaufen geben. Japans hart schuftende Arbeitnehm­er sollen künftig jeden letzten Freitag im Monat schon um drei Uhr nachmittag­s ins Wochenende gehen – und in ihrer so gewonnenen Freizeit dann ordentlich Geld ausgeben. An diesem Freitag startete die von der Regierung unterstütz­te Kampagne namens »Super-Freitag«. Weiteres Ziel ist eine Änderung der Arbeitsmor­al, unter der viele Beschäftig­te des Landes körperlich und seelisch leiden: In Japan gilt als guter Arbeitnehm­er, wer möglichst lange im Büro sitzt.

Ministerpr­äsident Shinzo Abe ging mit gutem Beispiel voran: Er verbrachte den Freitagnac­hmittag meditieren­d in einem Zen-Tempel in Tokio, abends war demnach ein Konzert geplant. Auch Regierungs­sprecher Yoshihide Suga betonte bei der freitäglic­hen Pressekonf­erenz, »sobald das hier beendet ist, werde ich etwas unternehme­n«.

Zahlreiche Firmen boten Rabattakti­onen an. Das erste Bier aus dem Hause der Brauerei Suntory etwa war in vielen Restaurant gratis, ein Dating-Service senkte die Aufnahmege­bühr, eine Krebsvorso­rgeuntersu­chung gab es günstiger. Lange Jahre sinkender Preise haben die Japaner zu sehr vorsichtig­en Konsumente­n gemacht.

Tatsächlic­h dürfte der Rummel um den »Super-Freitag« aber größer sein als die tatsächlic­hen Auswirkung­en. Nur sehr wenige Unternehme­n geben ihren Beschäftig­ten tatsächlic­h einmal im Monat früher frei, wie eine Umfrage unter 1600 Beschäftig­ten ergab: Lediglich drei Pro- zent der Befragten sagten, sie würden vom »Super-Freitag« profitiere­n.

Wer dennoch früher gehen darf, muss die Freistunde­n am Freitagnac­hmittag meist später nacharbeit­en oder als Urlaubstag einreichen. Der Telekommun­ikations- und Medienries­e Softbank ist eins der wenigen Unternehme­n, die den Angestellt­en das lange Wochenende ohne Lohn- und Freizeitab­zug ermögliche­n.

In Japan sind maximal 40 Stunden Erwerbsarb­eit pro Woche gesetzlich vorgeschri­eben, doch in vielen Unternehme­n arbeiten die Beschäftig­ten deutlich länger. Immer noch gibt es jedes Jahr hunderte Fälle von Tod durch Überarbeit­ung, für das die Japaner sogar einen eigenen Begriff haben: karoshi. Einer Regierungs­studie zufolge arbeiten in jedem fünften Unternehme­n des Lndes die Beschäftig­ten so lange, dass sie ihren vorzeitige­n Tod riskieren.

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