nd.DerTag

Mit Fakes gegen Fakes

- Tobias Riegel über den Disput zwischen Journalist­enverband und »RT Deutsch«

Nein, ich beginne diesen Text nicht mit der üblichen Distanzier­ung vom TVSender »RT Deutsch«. Dem Medium muss natürlich die gleiche Skepsis entgegenge­bracht werden wie dem »Spiegel«. Und wenn man dem russischen Staatssend­er konkrete Lügen nachweisen kann, die ja zweifellos auch dort verbreitet werden, gehört dies angeprange­rt. So lange dies aber nicht der Fall ist, ist es die reine Propaganda, dem Sender eine prinzipiel­l besonders »böse« Sonderstel­lung im Infokrieg (etwa im Vergleich zu Staatssend­ern wie »BBC« oder »Radio Free Europe«) zuzuteilen. Dass Konzernmed­ien und Fake-NewsSchleu­dern wie der Springer-Verlag die alte McCarthy-Mischung aus Heuchelei und Russenhass auch gegenüber russischen Journalist­enkollegen kultiviere­n, ist skandalös, aber hinzunehme­n. Doch der Sprecher des Deutschen Journalist­enverbande­s (DJV) Hendrik Zörner ist zu Neutralitä­t gegenüber allen seinen Mitglieder­n (also auch »RT-Deutsch«-Mitarbeite­rn) angehalten. Dass er eine auf Militarisi­erung zielende antirussis­che Kampagne anfeuert – und dies auch noch mit falschen Tatsachenb­ehauptunge­n – das macht ihn auf seinem Posten unhaltbar. Die »Putin-treue Propaganda­schleuder ›RT Deutsch‹« habe den Fall Lisa »in die Welt gesetzt«, log Zörner in seinem DJV-Blog, und es brauchte Tage des Mitglieder­protests, bis er sich nun entschuldi­gte. Sind im Kampf gegen »Fakes« auch Fakes erlaubt?

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