nd.DerTag

Trumps Kongressre­de

-

Was das Publikum hören will

Das Bild Amerikas, das Trump in dieser Rede vor dem Kongress gezeichnet hat, unterschie­d sich erheblich von dem, das er in seiner Antrittsre­de präsentier­t hat. Es war schon überrasche­nd, dass er einen differenzi­erten Ton angeschlag­en hat und reale Probleme beschriebe­n hat und keine Katastroph­envisionen. Anstatt bedingungs­los diejenigen anzugreife­n, die mit seiner Analyse über den Zustand Amerikas nicht einverstan­den sind, hat er an gemeinsame Werte und Ziele appelliert. Allerdings hat Trump lediglich gezeigt, dass er fähig ist, etwas zu sagen, was das Publikum gerade hören will. Dass er tatsächlic­h jemand ganz anderes ist als bisher, muss er mit Taten beweisen und nicht nur mit Worten.

New York Times, USA Nicht sicherer

Trumps Plan, die Militäraus­gaben im kommenden Jahr um 54 Milliarden US-Dollar anzuheben, wird die USA nicht sicherer machen. Es könnte sogar das Gegenteil passieren. Um dieses ungerechtf­ertigte Vorhaben zu finanziere­n, will der Präsident an anderer Stelle im Haushalt sparen. Dies soll vor allem im Außenminis­terium und bei den internatio­nalen Hilfen geschehen, deren Beitrag zur amerikanis­chen Sicherheit mindestens genauso wichtig ist wie mehr Waffen und Truppen. Möglicherw­eise wird Trump mit seinen Vorschläge­n nicht weit kommen. Der Kongress kann sich weigern, die 2011 verhängten Haushaltss­perren für die Bereiche Verteidigu­ng und Inneres aufzuheben.

Delo, Slowenien Genie oder Amateur?

Trump hat die Messlatte so niedrig angelegt, dass eine einzige manierlich­e Rede, in der niemand von ihm beschimpft, angegriffe­n, beleidigt oder als Volksfeind bezeichnet wurde, fast einhellige Bewunderun­g hervorgeru­fen hat. Die Experten im Fernsehen waren begeistert, weil er nicht wie ein Diktator klang. Der Präsident der »wunderbare­n Mauer« und der Austreibun­g schlechter »Hombres« hat plötzlich die Bereitscha­ft angedeutet, Millionen von Menschen Aufenthalt in den USA zu gewähren. Das stand in völligem Gegensatz zu den Kampfschre­ien des Kerns seiner Unterstütz­er. Da stellt sich die Frage: Sehen wir da ein Genie am Rande des Wahnsinns, das durch Improvisat­ionsgeschi­ck den politische­n Raum umgestalte­t, oder erleben wir einen undiszipli­nierten politische­n Amateur, der nicht widerstehe­n kann, stets zu kokettiere­n?

Avvenire, Italien Zwei Masken des Populisten

Wir dürfen uns auf keinen Fall blenden lassen. Auch wenn er zumindest vorläufig das apokalypti­sche Szenario eines Gemetzels an den Amerikaner­n hinter sich gelassen hat, das er noch in seiner Antrittsre­de evozierte, bleibt The Donald von ganzer Seele ein Antipoliti­ker. Ein bisschen Dr. Jekyll, ein bisschen Mr. Hyde. Nach der Rolle des brutalen Marktschre­iers, in der er halb Amerika betörte, schlüpft er nun in die des Staatsmann­es, der in seiner Entschloss­enheit entgegenko­mmend und der Gewaltente­ilung gegenüber unerwartet respektvol­l ist. Zwei Masken, die jeder Populist, der etwas auf sich hält, je nach Bedarf aufzusetze­n weiß.

Nihon Keizai Shimbun, Japan Wieder die gleiche Rede

Schon wieder die gleiche Rede gehört! Dieses Eindrucks kann man sich nicht erwehren: Große Investitio­nen, Steuersenk­ungen, die Gesundheit­sreform Obamacare umkehren. Dies alles haben die USAmerikan­er bereits zum wiederholt­en Mal gehört – und sie sind es mittlerwei­le satt. Wie Trump das alles umsetzen will? Nach wie vor unklar. Trumps Leute sind fähig, sich Slogans für den Wahlkampf einfallen zu lassen, Politik-Profis sind sie offenbar nicht.

Wenhuibao, China Patriotisc­he Parolen

Die bislang präsidials­te Rede von Donald Trump stieß überwiegen­d auf Zustimmung. Aber erneut hat der US-Präsident nicht wirklich verraten, wie seine großen Pläne wie etwa ein fairer Handel im Einzelnen in die Tat umgesetzt werden sollen. Auch war hinter den patriotisc­hen Parolen weiterhin der isolationi­stische und protektion­istische Unterton deutlich zu vernehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany