Auf Absage folgt Bedrohung
Gaggenauer Rathaus nach Anruf geräumt
Gaggenau. Nach der Absage eines Wahlkampfauftritts des türkischen Justizministers in Gaggenau hat ein Anrufer mit einer Bombendrohung das Rathaus der badischen Stadt stundenlang lahmgelegt. »Nach umfassenden Abklärungen konnte in dem Gebäude nichts Verdächtiges festgestellt werden«, teilte die Polizei am Freitag mit. Das Rathaus sei wieder freigegeben.
Der Betrieb in der Stadtverwaltung sei stillgelegt, die Mitarbeiter und Bürger seien nach Hause geschickt worden, sagte Bürgermeister Michael Pfeiffer (parteilos). »Das Ganze ist natürlich für eine Kleinstadt eine enorme Dimension«, sagte Pfeiffer. Der Oberbürgermeister der 30 000-EinwohnerStadt, Christof Florus (parteilos), habe wegen der Geschehnisse seinen Urlaub unterbrochen und sei auf dem Rückweg nach Gaggenau, so Pfeiffer.
Pfeiffer hatte die Stadtverwaltung nach dem Drohanruf am Morgen aus Sorge um die Sicherheit der Mitarbeiter und Besucher räumen lassen. Bürger mussten danach auf Behördengänge verzichten. Wegen der noch laufenden Fastnachtsferien war die Verwaltung mit weniger Personal besetzt als sonst. Die Drohung ging kurz vor 8 Uhr ein. Die Polizei setzte neben Beamten auch zwei Sprengstoffspürhunde ein. Gegen 11.35 Uhr wurde die Absperrung aufgehoben.
Hinweise auf den unbekannten Anrufer lagen zunächst nicht vor, wie die Polizei mitteilte. Auch die Hintergründe waren unklar. Auf die Absage der Veranstaltung hatte die türkische Seite mit massivem Protest reagiert.
In der baden-württembergischen Landespolitik gab es starken Rückhalt für die badische Kommune. Bereits direkt nach der Veranstaltungsabsage hatte etwa Innenminister Thomas Strobl (CDU) das Vorgehen verteidigt. »Wer Wahlkampf für türkische Angelegenheiten machen möchte, möge das bitte in der Türkei tun«, sagte Strobl der »Heilbronner Stimme«.
Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, zeigte zwar Verständnis für das Vorgehen in Gaggenau. Zugleich sei er aber besorgt über das deutsch-türkische Verhältnis. Die Absage in Gaggenau werde von der türkischen Regierungsseite nun aufgegriffen; und es werde sogar die Demokratie in Deutschland infrage gestellt. »Das nutzt natürlich die Regierung jetzt, ihren Stimmenanteil in Deutschland zu erhöhen, indem sie Deutschland als neues oder weiteres Feindbild zeigt«, sagte er.