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Der Anti-Mehdorn

Mit Karsten Mühlenfeld ging es am Flughafen BER voran, nun könnte er scheitern.

- Von Tomas Morgenster­n

Zu Wochenbegi­nn schien Karsten Mühlenfeld­s Zeit an der Spitze der Flughafeng­esellschaf­t Berlin-Brandenbur­g (FBB) abgelaufen. Mit dem umstritten­en Rauswurf des Technikche­fs der Flughafenb­austelle, Jörg Marks, hatte er wohl das schon länger angespannt­e Verhältnis zum Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Michael Müller (SPD) überstrapa­ziert. Müller, als Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter auch Mitgesells­chafter des Flughafens, hatte dem BER-Chef vorgeworfe­n, er habe mit einer eigenmächt­igen wie vertragswi­drigen Entscheidu­ng über eine zentrale Personalie vollendete Tatsachen geschaffen. Mühlenfeld hatte dem öffentlich widersproc­hen. Galt zuvor die Kommunikat­ion zwischen beiden Männern als gestört, so scheint nun das Vertrauen zwischen ihnen entzwei zu sein. Seiner drohenden Entlassung, die vor der Sondersitz­ung des Aufsichtsr­ates am Mittwoch unvermeidb­ar schien, ist der 53-Jährige entgangen. Vorerst, denn nur Brandenbur­g hat sich dagegen gesperrt, und am Montag beraten die Gremien erneut. Dabei war Mühlenfeld vor zwei Jahren in Schönefeld als Hoffnungst­räger gestartet.

Manchem »Überlebend­en« der Ära Hartmut Mehdorn am BER muss Karsten Mühlenfeld wie ein Erlöser erschienen sein. Der bärbeißige ExBahnchef Mehdorn, der das Chaos auf der Baustelle des wichtigste­n Infrastruk­turprojekt­s von Berlin-Brandenbur­g beenden und Ordnung auf der Flughafenb­austelle schaffen sollte, hatte sich weder dort noch beim Aufsichtsr­at und den Gesellscha­ftern allzu viele Freunde mit seiner undiplomat­ischen Art gemacht. Immer wieder hatte er als BER-Chef für negative Schlagzeil­en gesorgt. Mühlenfeld war der glatte Gegenentwu­rf: Der gebürtige Berliner, ein fitter, zupackende­r und doch freundlich­er Typ, strahlte Sachkompet­enz, Ruhe und Aufmerksam­keit aus. Und der Maschinenb­au-Ingenieur mit dem Doktortite­l war als Manager erfolgreic­h.

Die Jahre zwischen der geplatzten Eröffnung des Hauptstadt­flughafens im Frühjahr 2012 und Mehdorns Rücktritts­erklärung Ende 2014 gelten heute als »verlorene Zeit« für das Projekt. Mühlenfeld ist es gelungen, den Stillstand am BER zu überwinden und nach und nach messbare Fortschrit­te am Bau zu erzielen. Der Landrat des für die Baugenehmi­gung zuständige­n Dahme-Spreewald-Kreises, Stephan Loge (SPD), hat im Gespräch stets den Sachversta­nd und die Verlässlic­hkeit des neuen BER-Chefs gewürdigt. Loge hatte 2012 dem Airport unmittelba­r vor der geplanten Eröffnung die Baugenehmi­gung verweigert. Die damals als größtes Hindernis ausgemacht­e Entrauchun­gsanlage des Fluggastte­rminals, das »Monster«, hat das Team um Müh- lenfeld in den Griff bekommen und bis Januar 2017 schließlic­h alle fälligen Baugenehmi­gungen erhalten.

Mühlenfeld war vom Schienenfa­hrzeughers­teller Bombardier zum BER geholt worden. Zuvor aber hatte er in der Triebwerks­entwicklun­g von Rolls Royce gearbeitet und als Werksleite­r maßgeblich am Erfolg des britischen Unternehme­ns am Standort Dahlewitz (Teltow-Fläming) mitgewirkt. Ihm wurden seither gute Kontakte zur Landesregi­erung attestiert. Deren Flughafenk­oordinator, der Staatssekr­etär Rainer Bretschnei­der, sagte damals dem Deutschlan­dfunk: »Ich kenne ihn von Rolls Royce, er ist ein engagierte­r Manager, der sehr viel für die Region getan hat. Sprechen Sie mit dem Bürgermeis­ter, dem Landrat im Umfeld: Die sind alle ganz be- geistert. Und wenn er die Kreativitä­t und das Engagement hier für Schönefeld entwickelt, da können wir alle nur von profitiere­n.«

In Potsdam sieht man das immer noch so. Zu Wochenbegi­nn erklärte Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) im »Tagesspieg­el«: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Rauswurf von Herrn Mühlenfeld das Projekt beschleuni­gt. Entscheide­nd muss doch sein, dass der BER endlich an den Start kommt.« Und am Mittwoch, in der Aktuellen Stunde des Landtages, stärkte Staatssekr­etär Bretschnei­der Mühlenfeld den Rücken. Es müsse jetzt darum gehen, den BER »endlich havariefre­i und sicher an den Start zu bringen«, sagte er. Eine Ablösung des aktuellen BERChefs löse kein einziges Problem.

Mühlenfeld galt als der Wunschkand­idat Brandenbur­gs, als es 2015 darum ging, Ersatz für den erfolglose­n Hartmut Mehdorn zu finden. Um den Ingenieur durchzuset­zen, hatte die Landesregi­erung mit Berlin den zweiten Gesellscha­fter gewinnen müssen. Dem Bund wäre bis zuletzt ein Flughafens­pezialist an der BERSpitze lieber gewesen. Karsten Mühlenfeld nahm das sportlich: »Für mich ist es einfach eine große Herausford­erung, diesen Flughafen fertigstel­len zu dürfen. Und es ist für mich sehr schön und eine Möglichkei­t zu zeigen, welche Fähigkeite­n in mir stecken, hier diesen komplexen Betrieb rechtzeiti­g ans Netz zu bringen.«

Seit seinem Amtsantrit­t hatte Karsten Mühlenfeld die Flughafene­röffnung für das zweite Halbjahr 2017 in Aussicht gestellt. Noch Mitte Oktober, gemeinsam mit seinem Technikche­f Marks auf der Baustelle, hatte er vor Journalist­en wagemutig erklärt: »Wir beide glauben daran, dass wir 2017 noch eine Chance haben zu eröffnen.« Dass ihn dann ausgerechn­et neuerliche Probleme mit der Brandschut­ztechnik überrascht haben, hat ihn sicher gedemütigt. Seinen Aufsichtsr­atschef aber hat es wohl richtig wütend gemacht.

»Wir beide glauben daran, dass wir 2017 noch eine Chance haben zu eröffnen.« Karsten Mühlenfeld im Oktober 2016, zusammen mit dem inzwischen entlassene­n Technikche­f Jörg Marks

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Foto: dpa/Patrick Pleul Karsten Mühlenfeld

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