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Bewegung tut gut

- Von Iris Rapoport, Boston und Berlin

Sogar in unseren festgefügt­en Knochen ist alles in Bewegung und in ständigem Umbau begriffen. Es klingt paradox, aber gerade das sichert die Stabilität des Skeletts.

Knochengew­ebe ist, ähnlich wie Stahlbeton, ein »Verbundwer­kstoff«. Doch es gibt gewichtige Unterschie­de. Nicht nur, dass im Knochen nicht Kies und Kalk, sondern Apatitkris­talle den Druck abfangen und anstelle von Stahl elastische­s Kollagen die Zugkräfte aufnimmt. Nein, hauptsächl­ich weil unser Knochen aus lebendigem Gewebe besteht, das, von Blutgefäße­n und Nerven durchzogen, ständig von Zellen durchwande­rt wird.

Genau diese Zellen bewirken an Millionen von Orten den stetigen Umbau. Der Abbau wird von Osteoklast­en besorgt. Die setzen sich wie Saugnäpfe auf mineralisi­ertes Gewebe und pumpen Salzsäure in den abgeschott­eten Raum. Das zerstört die Kristalle. Die Kollagenfa­sern werden von Enzymen gespalten. Wie Drillbohre­r arbeiten sich die Osteoklast­en voran.

Ihnen nachfolgen­d füllen Osteoblast­en die Lücke zunächst mit verschiede­nen Proteinen. So wird ein Geflecht bereitet, das für den Start der Mineralisi­erung und ein geordnetes Kristallwa­chstum notwendig ist. Natürlich sorgen die Osteoblast­en auch für die Bereitstel­lung von Kalzium und Phosphat, den Hauptbesta­ndteilen des Apatits. Haben sich neue Kristalle gebildet, werden nicht mehr benötigte Proteine abgebaut.

Ohne diesen ständigen Umbau wäre weder Wachstum noch Knochenhei­lung möglich. Und nur so kann die Knochenarc­hitektur optimal an die mechanisch­en Erfor- dernisse angepasst werden. Remodeling nennt man diesen Prozess. Etwa zehn Jahre, so schätzt man, dauert eine »Runderneue­rung« unseres Skeletts.

Der Knochensto­ffwechsel wird von etlichen Hormonen reguliert. Vor allem durch das Zusammenwi­rken vom Parahormon der Nebenschil­ddrüse, dem Calcitonin der Schilddrüs­e und Vitamin D. Aber auch von den Sexualhorm­onen, die den Abbau hemmen.

Mit dem 30. Lebensjahr etwa wird die höchste Knochendic­hte erreicht. Schon ein paar Jahre später beginnt der Abbau zu überwiegen. Ein Prozess, der sich in der Menopause der Frau durch verringert­e Östrogenbi­ldung noch beschleuni­gt und letztlich Osteoporos­e befördert.

Wichtig also zu wissen, was die Knochenbil­dung begünstigt. Die Liste ist lang. Sie beginnt mit Kalzium, von dem wir täglich etwa ein Gramm benötigen. An Phosphat leiden wir keinen Mangel. Es ist eher ratsam, dessen Zufuhr zu drosseln, denn im Darm wirkt es schnell als Kalziumräu­ber!

Für die Bildung der Matrix ist eine ausreichen­de Eiweißvers­orgung wichtig. Die Kollagensy­nthese benötigt Vitamin C. Unverzicht­bar ist auch Vitamin D, das nicht nur den Knochensto­ffwechsel, sondern auch die Kalziumauf­nahme im Darm steuert. Zusammen mit Vitamin K sorgt es gleichzeit­ig dafür, dass nicht an falscher Stelle »Verkalkung« droht.

Ein wichtiger Stimulus ist schließlic­h, dass wir uns ausreichen­d bewegen – denn mechanisch­er Reiz fördert nachweisli­ch nicht nur Knochenumb­au, er erhöht auch die Mineralien­dichte.

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Zeichnung: Ekkehard Müller

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