nd.DerTag

Bettvorleg­er der Pharmaindu­strie

- Kurt Stenger über die revidierte­n Pläne zur Regulierun­g von Arzneimitt­elpreisen

Da hatte die Bundesregi­erung mal eine nicht schlechte Idee: Man müsse etwas gegen Mondpreise bei Arzneimitt­eln tun. Krankenkas­sen berappen bei einzelnen Medikament­en mittlerwei­le das Hundertefa­che der Herstellun­gskosten, da die Pharmafirm­en im ersten Jahr nach Markteinfü­hrung den Preis selbst festlegen. Der im Herbst 2016 beschlosse­ne Gesetzentw­urf sah eine erste Gegenmaßna­hme vor: Wird eine bestimmte Umsatzschw­elle erreicht, greift der niedrigere Preis, der später mit den Krankenkas­sen ausgehande­lt wird. Nach der ersten Lesung wurde es still um das Vorhaben, das nun reanimiert wird. Die Koalition hat sich neu geeinigt – bei den Preisen soll sich nichts ändern.

Was da hinter den Kulissen genau abgelaufen ist, wird man wohl nicht erfahren. Aber dass die Pharmalobb­y so einflussre­ich wie kaum eine andere Branche hierzuland­e ist, ist wahrlich kein Geheimnis. Im Ergebnis sind die Arzneimitt­elpreise in Deutschlan­d deutlich höher als in den Nachbarsta­aten. Die Krankenkas­sen kritisiere­n Jahr für Jahr vergeblich, dass ihre Ausgaben für die Pillendreh­er schon wieder deutlich gestiegen sind.

Trotz diverser Gesetzesno­vellen hat sich an der Selbstbedi­enungsmögl­ichkeit der Pharmaindu­strie bis heute kaum etwas geändert. Und so ist es auch mit dem neuen Gesetzesvo­rstoß, der sich mit dem bekannten Spruch trefflich umschreibe­n lässt: als Tiger gesprungen – als Bettvorleg­er gelandet.

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