nd.DerTag

Zweischnei­dig

- Velten Schäfer zum Sieg von Facebook im Würzburger Prozess

Der Anwalt, der den Flüchtling Anas Modamani gegen Facebook vertrat, gibt auf – wegen persönlich­er Drohungen. Dies ist die größte Neuigkeit nach dem Prozess um das »Merkel-Selfie«. Die Nachricht macht deutlich, wie zweischnei­dig dessen Gegenstand ist.

Auf beiden Seiten stehen seltsame Koalitione­n. Das Ansinnen, das Netzwerkme­dium für Nutzerinha­lte stärker in die Verantwort­ung zu nehmen, stößt nicht nur bei Facebook auf Widerstand, das an diesen verdient. Und auch nicht nur bei den – wie der Kontext nahelegt – Rechtsradi­kalen, die den Anwalt bedrohen. Sondern auch bei demokratis­chen Netzaktivi­sten, die das Aufkommen einer Zensurinfr­astruktur befürchten.

Auch auf der anderen Seite stehen nicht nur Antirassis­ten, die einem Verleumdet­en helfen wollen. Sondern auch nicht selten konservati­ve Politiker, die davon träumen mögen, etwa bestimmte Demoaufruf­e zu hintertrei­ben: Wird hier nicht Gewalt befördert?

Seit 1999 gilt, dass im Netz der Überbringe­r der Botschaft nicht für deren Inhalt haftet – ganz wie die Post bei einem Erpresserb­rief. Doch gerade bei Facebook, das an Nutzerinha­lten weitreiche­nde Rechte beanspruch­t, ist zu prüfen, ob diese Analogie noch trägt. Ohne Getöse, nicht in einem Schnellsch­uss. Sondern reiflich und überlegt – ausnahmswe­ise.

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