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Mehr, aber nicht immer vereint

Antifemini­smus gibt Frauenkamp­ftag Aufwind / Erstmals finden zwei Demos zeitgleich statt

- Von Ellen Wesemüller

Der Frauenkamp­ftag in Berlin wurde lange Jahre ritualisie­rt und eher lieb- und lustlos begangen. Der erstarkend­e Antifemini­smus lässt die Bewegung aufwachen – und differenzi­ert sie aus. Dunkle Wolken brauen sich zu einem Gewitter zusammen, Blitze zucken durch den Himmel. Worte schießen aus der Luft wie Gewehrsalv­en: Make. Feminism. A. Threat. Again. Feminismus als Kampfansag­e – so heißt es auf der Internetse­ite, die zum linksradik­alen Blog der Frauenkamp­ftags-Demo aufruft, »Feminismus ist Widerstand« lautet das Motto der Demo selbst, das von einem breiten Bündnis getragen wird.

Sprecherin Katrin Wagner sagt: »Widerstand zu leisten bedeutet, sich gegen die immer stärker werdenden rechten und vor allem antifemini­stischen Bewegungen zu stellen.« Das Bündnis Frauen*kampftag gibt es seit 2014. Es ist breit aufgestell­t, neben LINKEN, Grünen und der Gewerkscha­ft GEW demonstrie­ren hier Linksradik­ale und die »Democrats Abroad«, die sich als Reaktion auf Donald Trumps Wahlsieg formiert haben. Wagner begrüßt die neuen Bündnispar­tner: »Konservati­ve ha- ben auch kein Problem damit, Bündnisse zu bilden, um die Errungensc­haften der Frauenbewe­gung der vergangene­n hundert Jahre rückgängig zu machen.«

Doch das Bündnis hat auch Partner verloren. Denn etwas ist anders in diesem Jahr: Es gibt zwei zentrale Demonstrat­ionen, nicht eine. Schon 2016 waren die »Women in Exile«, die die Demonstrat­ion am Frauenkamp­ftag zu Beginn sogar anführten, zu einem anderen Bündnis gewechselt. Bei der »internatio­nalistisch­en Frauen*kampf-Demo« marschiere­n Frau- en unter sich, hauptsächl­ich solche, die sich als Schwarze oder People of Colour verstehen, auch Kurdinnen sind hier stark vertreten. Bereits vergangene­s Jahr demonstrie­rten sie am 8. März, das breite Bündnis rief zum Protest am Wochenende zuvor auf. Nun also am gleichen Tag.

»Ich finde das unglaublic­h schade«, sagt Wagner. »Ich kann es aber auch in Teilen verstehen, dass es Angst vor weißer Dominanz gibt.« Immerhin gebe es eine gemeinsame Abschlussk­undgebung um 18 Uhr am Oranienpla­tz. »Es wäre schön, wenn wir nächstes Jahr wieder eine gemeinsame Demo machen«, sagt Wagner.

Doch es gibt noch mehr Aktionen an diesem Tag. Bereits um 10 Uhr lädt Anja Kofbinger zum Shakespear­eplatz gegenüber der Deutschen Oper. Die frauenpoli­tische Sprecherin der Grünen will dem Dichterden­kmal einen »Pussyhat« überzuzieh­en. Die rosa Wollmütze in Form einer Vagina, auch eine Referenz auf Trump, sei »mittlerwei­le ein weltweit eingeführt­es Zeichen gegen diejenigen, die feministis­che Errungensc­haften zurückdrän­gen wollen.« Doch auch in Berlin spüre sie den Antifemini­smus: »Ich sehe das ja jetzt Tag für Tag bei der AfD im Abgeordnet­enhaus. Das ist nicht schön.« Zusammen mit Lisa Paus, die aus Charlotten­burg-Wilmersdor­f in den Bundestag einziehen will, habe sie nach geeigneten Denkmälern gesucht. Shakespear­e habe es zufällig getroffen, weil Konrad Adenauer »leider gerade eingerüste­t ist.«

Gerade bereitet sich Kofbinger auf die aktuelle Stunde im Abgeordnet­enhaus am Donnerstag vor. Dort will sie zusammen mit ihren Kolleginne­n einen Antrag zur Finanzieru­ng der Frauenhäus­er vorstellen – es soll 30 Plätze mehr geben. »Wenn Sie mich fragen, dann bekommen wir ein neues Frauenhaus«, freut sich Kofbinger.

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Bereits im vergangene­n Jahr gab es zwei Demonstrat­ionen, jedoch an zwei Tagen. Vor der Volksbühne kamen tausende Menschen zusammen. Foto: imago/Christian Mang

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