Griechenland statt Türkei
ITB: Die Buchungen fürs Sommerreisegeschäft boomen, doch der Preiskampf sorgt für geringe Erlöse
Nach dem schwierigen Jahr 2016 freut sich die Tourismusbranche derzeit über gute Nachrichten. Für Irritationen sorgt allerdings die türkische Politik. Die Reisebranche ist in Sommerlaune: Rechtzeitig zum Treffen auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, die am Mittwoch für Fachbesucher ihre Tore öffnet, bevor am Wochenende auch Normalbürger kommen dürfen, zeigen die Buchungszahlen für die kommenden Monate nach oben. »Viele Deutsche haben ihren Haupturlaub noch früher gebucht als sonst – zum Teil schon im November und Dezember vergangenen Jahres«, berichtet der Präsident des Reiseverbandes DRV, Norbert Fiebig. Branchenexperte Martin Lohnmann rechnet mit einem guten Jahr mit stabiler Nachfrage: »Die Urlaubslust ist ausgeprägt.«
Im vergangenen Jahr hatten Anschläge und politische Krisen in beliebten Reiseregionen die Touristik erschüttert. Zur Zeit sorgen dagegen zahlreiche gute Nachrichten für Zuversicht. Griechenland liegt voll im Trend und steigt zum zweitbeliebtesten Sommerziel sonnenhungriger Bundesbürger nach den Balearen auf, die Nachfrage nach Ägypten erholt sich allmählich. Gefragt sind auch Bulgarien oder Kroatien. Kreuzfahrten werden immer beliebter.
Düster sieht es allerdings weiterhin bei Türkei-Buchungen aus. Ende Januar lagen die Reisebüroumsätze für das Land am Bosporus um 58 Prozent unter dem Stand von 2016, als es bereits einen Einbruch um 40 Prozent gegeben hatte. Die provokanten Nazivergleiche von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan dürften kaum zu einer Trendwende führen: Wenn sich die teilweise antieuropäische und antideutsche Haltung manifestiere, »wird das natürlich das Image der Türkei als Reiseziel für Deutsche weiter beschädigen«, sagte Tourismusforscher Torsten Kirstges der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.
Gerade wenn es in Deutschland grau und kalt ist, planen viele Sonnenhungrige, auch gelockt von Frühbucherrabatten, die schönsten Wochen des Jahres. Die Januar- und Feb- ruarzahlen lassen also Rückschlüsse auf die Entwicklung des wichtigen Sommergeschäfts zu. Die gebuchten Umsätze lagen nach Angaben der GfK-Konsumforscher Ende Januar um sechs Prozent über dem schwachen Vorjahreszeitraum. Positiv entwickelten sich der GfK zufolge auch die ersten beiden Februarwochen.
Vergangenes Jahr hatten deutsche Urlauber Ägypten, Tunesien und vor allem die Türkei gemieden – 2015 noch auf Rang drei der Auslandsziele. Einen Ansturm gab es auf Feriengebiete rund ums westliche Mittelmeer, vor allem in Spanien. Veranstalter und Airlines mussten Kapazitäten verlegen. »Die Verschiebung der Reiseziele hat der Branche viel Arbeit gemacht«, sagt Martin Lohmann, Geschäftsführer des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa.
»Die Deutschen verreisen nach wie vor. Der Veranstaltermarkt profitiert davon, aber nur unterdurchschnittlich«, erläutert GfK-Expertin Dörte Nordbeck. Der Umsatz der Veranstalter sank 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro. Reisebüros verzeichneten einschließlich Geschäftsreisen ein Minus von 1,3 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro.
Angesichts der robusten Konjunktur und der günstigen Lage auf dem Arbeitsmarkt sitzt vielen Bundesbürgern das Geld locker. Davon dürfte auch die Tourismusbranche profitieren. Ob sich das in steigenden Erlösen bei allen Unternehmen niederschlägt, ist aber fraglich: »Der Konkurrenzkampf ist hart, der Preiswettbewerb nagt an den Umsätzen«, so Lohmann. Zudem wächst die Konkurrenz durch Produktportale wie Airbnb. Der DRV rechnet daher mit einem moderaten Plus gegenüber 2016.
Der Umsatz der Veranstalter sank 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro.