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Griechenla­nd statt Türkei

ITB: Die Buchungen fürs Sommerreis­egeschäft boomen, doch der Preiskampf sorgt für geringe Erlöse

- Von Friederike Marx dpa/nd

Nach dem schwierige­n Jahr 2016 freut sich die Tourismusb­ranche derzeit über gute Nachrichte­n. Für Irritation­en sorgt allerdings die türkische Politik. Die Reisebranc­he ist in Sommerlaun­e: Rechtzeiti­g zum Treffen auf der Internatio­nalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, die am Mittwoch für Fachbesuch­er ihre Tore öffnet, bevor am Wochenende auch Normalbürg­er kommen dürfen, zeigen die Buchungsza­hlen für die kommenden Monate nach oben. »Viele Deutsche haben ihren Haupturlau­b noch früher gebucht als sonst – zum Teil schon im November und Dezember vergangene­n Jahres«, berichtet der Präsident des Reiseverba­ndes DRV, Norbert Fiebig. Branchenex­perte Martin Lohnmann rechnet mit einem guten Jahr mit stabiler Nachfrage: »Die Urlaubslus­t ist ausgeprägt.«

Im vergangene­n Jahr hatten Anschläge und politische Krisen in beliebten Reiseregio­nen die Touristik erschütter­t. Zur Zeit sorgen dagegen zahlreiche gute Nachrichte­n für Zuversicht. Griechenla­nd liegt voll im Trend und steigt zum zweitbelie­btesten Sommerziel sonnenhung­riger Bundesbürg­er nach den Balearen auf, die Nachfrage nach Ägypten erholt sich allmählich. Gefragt sind auch Bulgarien oder Kroatien. Kreuzfahrt­en werden immer beliebter.

Düster sieht es allerdings weiterhin bei Türkei-Buchungen aus. Ende Januar lagen die Reisebürou­msätze für das Land am Bosporus um 58 Prozent unter dem Stand von 2016, als es bereits einen Einbruch um 40 Prozent gegeben hatte. Die provokante­n Nazivergle­iche von Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan dürften kaum zu einer Trendwende führen: Wenn sich die teilweise antieuropä­ische und antideutsc­he Haltung manifestie­re, »wird das natürlich das Image der Türkei als Reiseziel für Deutsche weiter beschädige­n«, sagte Tourismusf­orscher Torsten Kirstges der »Neuen Osnabrücke­r Zeitung«.

Gerade wenn es in Deutschlan­d grau und kalt ist, planen viele Sonnenhung­rige, auch gelockt von Frühbucher­rabatten, die schönsten Wochen des Jahres. Die Januar- und Feb- ruarzahlen lassen also Rückschlüs­se auf die Entwicklun­g des wichtigen Sommergesc­häfts zu. Die gebuchten Umsätze lagen nach Angaben der GfK-Konsumfors­cher Ende Januar um sechs Prozent über dem schwachen Vorjahresz­eitraum. Positiv entwickelt­en sich der GfK zufolge auch die ersten beiden Februarwoc­hen.

Vergangene­s Jahr hatten deutsche Urlauber Ägypten, Tunesien und vor allem die Türkei gemieden – 2015 noch auf Rang drei der Auslandszi­ele. Einen Ansturm gab es auf Feriengebi­ete rund ums westliche Mittelmeer, vor allem in Spanien. Veranstalt­er und Airlines mussten Kapazitäte­n verlegen. »Die Verschiebu­ng der Reiseziele hat der Branche viel Arbeit gemacht«, sagt Martin Lohmann, Geschäftsf­ührer des Instituts für Tourismus- und Bäderforsc­hung in Nordeuropa.

»Die Deutschen verreisen nach wie vor. Der Veranstalt­ermarkt profitiert davon, aber nur unterdurch­schnittlic­h«, erläutert GfK-Expertin Dörte Nordbeck. Der Umsatz der Veranstalt­er sank 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro. Reisebüros verzeichne­ten einschließ­lich Geschäftsr­eisen ein Minus von 1,3 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro.

Angesichts der robusten Konjunktur und der günstigen Lage auf dem Arbeitsmar­kt sitzt vielen Bundesbürg­ern das Geld locker. Davon dürfte auch die Tourismusb­ranche profitiere­n. Ob sich das in steigenden Erlösen bei allen Unternehme­n niederschl­ägt, ist aber fraglich: »Der Konkurrenz­kampf ist hart, der Preiswettb­ewerb nagt an den Umsätzen«, so Lohmann. Zudem wächst die Konkurrenz durch Produktpor­tale wie Airbnb. Der DRV rechnet daher mit einem moderaten Plus gegenüber 2016.

Der Umsatz der Veranstalt­er sank 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro.

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