Mein Tag ohne mich
Heute finden auf der ganzen Welt Frauenstreiks gegen ungleiche Löhne, Gewalt an Frauen und die Beschneidung von Abtreibungsrechten statt
Beim Internationalen Frauenstreik werden Lohnarbeit, Hausarbeit und auch Schönheitsideale bestreikt. In Deutschland rufen Frauen zur »Blogparade« auf: 24 Stunden Nichtstun und darüber bloggen. Das Motto vieler Aktionen zum diesjährigen Internationalen Frauentag lautet »Wir streiken!«. Die Idee dafür stifteten polnische Aktivistinnen, die im Oktober 2016 Massenproteste gegen ein vollständiges Abtreibungsverbot »Frauenstreik« nannten. Kurz darauf griffen argentinischen Feministinnen den Begriff auf, als diese nach der Ermordung einer jungen Frau wütende Aktionen gegen Gewalt organisierten.
Gemeinsam mit Menschen aus weiteren Ländern, unter anderem aus Italien, wo schon seit längerem für die Idee des transnationalen sozialen Streiks geworben wird, wurde daraufhin der Aufruf für einen globalen Frauenstreiktag am 8. März gestartet.
In den USA hatten riesige Frauenmärsche die ersten Tage der Präsidentschaft Donald Trumps begleitet. Protagonistinnen des Netzwerkes »Für einen Feminismus der 99 %« nutzten diese Welle weiblicher Empörung und riefen zu einem Frauenstreik am 8. März auf – unter ihnen Angela Davis und Nancy Fraser. Letztere fordern einen Feminismus der »99 %« – einen Frauenkampf, der die überwältigende Mehrheit derjenigen ins Blickfeld nimmt, die keine Chance auf einen sozialen Aufstieg hat. Denn die Karriereleiter erklimmen nach wie vor nur wenige gebildete Frauen.
Die Organisatorinnen der amerikanischen »Womens Marches« schlossen sich dem Streikaufruf an. Seitdem hat sich die Idee weiter über die ganze Welt verbreitet. An zahlreichen Orten finden Frauenstreikaktionen statt, die US-Organisatorinnen sprechen von über 30 Ländern. »Streik« fungiert hier als Oberbegriff für Pro- testformen von Arbeitsniederlegung, über Demos und Boykott bis hin zu kreativen Flashmobs. Der Großteil der geplanten Aktionen findet in Lateinamerika, in den USA sowie in europäischen Ländern statt.
Mancherorts stehen niedrige Löhne im Mittelpunkt der Aktionen, anderswo Abtreibungsrechte. Nicht nur Lohnarbeit soll bestreikt werden, sondern auch unbezahlte Hausarbeit, Schönheitsideale oder starre Geschlechterkategorien. Im Aufruf der Plattform für einen Transnationalen Sozialen Streik heißt es: »Der Streik wird Zuhause stattfinden; er wird in Fabriken durchgeführt; in Schulen, Krankenhäusern, überall dort, wo Frauen die Reproduktion aufrechterhalten und überall dort, wo Frauen bis heute entweder schlechter bezahlt werden als Männer oder gar nicht.«
In Frankreich und Uruguay rufen die großen Gewerkschaften zu klassischen Arbeitsniederlegungen auf. In Argentinien unterstützen viele Gewerkschaften den Frauenstreik zwar, organisieren aber selbst keine Ausstände. In den USA stehen eher Hausarbeitsverweigerung und Boykott im Mittelpunkt der geplanten Aktionen. Die US-Gewerkschaften sind weitgehend auf Tauchstation gegangen, aber auch die großen Frauenorganisationen wie NOW, NARAL oder Planned Parenthood unterstützen die Initiative nicht offiziell.
Auch in Deutschland beziehen sich Feministinnen auf die Idee des Frauenstreiks – so zum Beispiel das neugegründete »Feministische Netz- werk«. Antje Schrupp vom Netzwerk sagt gegenüber »nd«, dass das noch junge Bündnis zwar nicht zum Frauenstreik aufgerufen habe, aber mit Interesse beobachte, was in den USA und anderen Ländern passiere.
Sie sieht auch Schwierigkeiten: »Wie Care-Arbeit bestreikt werden kann, muss ausprobiert werden, das ist ja nicht so einfach. Ich kann nicht sagen: Heute kriegt mein Kind nichts zu essen. Und einen Tag die Hausarbeit zu verweigern, bedeutet vielleicht nur, dass am nächsten Tag mehr zu tun ist.« Das Netzwerk ruft daher zur Blogparade auf. Die Idee: Frauen sollen einen Tag lang darüber nachdenken, was wäre wenn sie 24 Stunden nichts täten – und darüber im Netz unter dem Hashtag #meintagohnemich berichten.
Doch auch hierzulande streiken Frauen – allerdings unter anderem Label: Die Gewerkschaft ver.di ruft für den 8. März im Saarland Krankenhausbeschäftigte zum Streik- und Aktionstag für mehr Personal auf.
»Denn die Karriereleiter erklimmen nach wie vor nur wenige gebildete Frauen.«