Mit Nostalgie und Geduld
Für den Einzug ins Viertelfinale der Champions League bemüht Borussia Dortmund eine Analogie aus ferner Vergangenheit
Bei den zuletzt offensivstarken Dortmundern ist im Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen Benfica Lissabon Geduld gefragt. Zudem muss mal wieder Marco Reus ersetzt werden. Knifflige Ausgangslage, glänzende Form. Borussia Dortmund geht mit viel Rückenwind in das Achtelfinalrückspiel der Champions League an diesem Mittwoch gegen Benfica Lissabon. Überzeugende Auftritte in den vergangenen drei Spielen der Fußball-Bundesliga mit zwölf Toren schüren die Zuversicht, das unglückliche 0:1 aus dem ersten Duell beim portugiesischen Rekordmeister aufholen zu können – trotz des Ausfalls von Marco Reus. Doch selbst eine Leistung wie beim 6:2 am Samstag gegen Leverkusen wird nach Einschätzung von Abwehrchef Sokratis nicht ausreichen: »Gegen Benfica müssen wir um 300 Prozent besser spielen.«
Viel wird davon abhängen, ob die mitunter zum forschen Offensivfußball neigende Borussia die richtige Balance zwischen Risiko und Sicherheit findet. »Wir müssen ruhig bleiben und geduldig sein«, empfahl Neuzugang Marc Bartra. »Es werden lange 90 Minuten.« Ähnlich sieht es Raphael Guerreiro. »Wir müssen überlegt aufbauen, keine unnötigen Ballverluste riskieren. Wir dürfen nicht die Nerven verlieren«, sagte der portugiesische Nationalspieler.
Vor dem Showdown um den Einzug in das Viertelfinale beschwört Dortmund die Vergangenheit. Bereits beim bisher einzigen Aufeinandertreffen mit Benfica vor mehr als 50 Jahren musste ein Tor Rückstand (1:2) aufgeholt werden. Das 5:0 am 4. Dezember 1963 gegen das damalige Weltklasseteam aus Portugal gilt in Dortmund noch heute als »Jahrhundertspiel«.
Als Reminiszenz an diese magische Fußballnacht verkauft die Borussia derzeit Champions-LeagueTrikots mit den Namen damaliger Helden wie Hans Tilkowski, Franz Brungs und Dieter Kurrat. Einige Teilnehmer dieser Partie sollen vor dem neuerlichen Aufeinandertreffen auf dem Rasen für die rechte Einstimmung sorgen.
Für einen weiteren Motivationsschub könnte die üppige Prämie von immerhin 100 000 Euro pro Spieler sorgen, die Dortmund laut »Bild« an seine Profis im Falle eines Viertelfinaleinzugs auszahlen würde. Bei einer Zusatzeinnahme in Höhe von 6,5 Millionen Euro aus dem UEFA-Topf wären diese Ausgaben für die Vereinsführung zu verschmerzen.
Noch immer aber ist der Ärger über die unnötige Niederlage vor drei Wochen im Estádio da Luz nicht verraucht. Gleich reihenweise wurden damals beste Torchancen vergeben. Ein verschossener Elfmeter von Pier- re-Emerick Aubameyang rundete den denkwürdigen Auftritt ab. Auf der anderen Seite nutzte ausgerechnet der in Deutschland aufgewachsene Kostas Mitroglou die einzige Chance der Portugiesen zum Sieg, und nun benötigen die Dortmunder einen Erfolg mit zwei Toren Differenz. Dennoch schöpft Mittelfeldspieler Guerreiro aus dem 0:1 Mut: »Wir werden versuchen, so aufzutreten wie im Hinspiel. Wir haben Benfica schon einmal in große Verlegenheit gebracht.« Der Europameister fehlte zwar am Dienstag beim Abschlusstraining, soll aber einsatzbereit sein.
Zum Leidwesen von Trainer Thomas Tuchel startet der BVB die Aufholjagd jedoch ohne Marco Reus. Noch ist offen, wer den Nationalstürmer nach seinem am Wochenende erlittenen Muskelfaserriss ersetzen soll. Aussichtsreicher Kandidat ist Christian Pulisic. Der 18-jährige US-Nationalspieler hatte den in der 44. Minute ausgewechselten Reus beim 6:2 gegen Leverkusen gut vertreten und einen Treffer sowie eine Vorlage zum Sieg beigetragen. Als Alternative steht der erfahrenere Weltmeister André Schürrle bereit. Reus ist trotz seines Ausfalls guter Dinge: »Wir müssen nicht viel ändern, außer Tore zu machen. Und damit haben wir ja in den Spielen nach Lissabon angefangen.«
Das will Benfica mit aller Macht verhindern. Und daher versprach Trainer Rui Vitória: »Jetzt werden wir um unser Leben spielen.«