Bei langer Krankheit besteht Recht auf Urlaubsausgleich in bar
Urteile im Überblick
Wer wegen einer Langzeiterkrankung seinen Urlaub nicht nehmen kann, hat mitunter Anspruch auf Barauszahlung. Voraussetzung ist, dass der Urlaub noch nicht verfallen ist. Darauf weist der Deutsche Anwaltverein (DAV) hin und bezieht sich auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld (Az. 7 Ca 214/14).
In dem verhandelten Fall war ein Mann 2013 und 2014 dauerhaft erkrankt. Sein Arbeitsverhältnis endete am 31. Oktober 2014. Den Urlaub für 2013 und 2014 wollte er sich auszahlen lassen und klagte darauf mit Erfolg. Das Arbeitsgericht verurteilte den früheren Arbeitgeber zur Zahlung von rund 5300 Euro brutto. Ist ein Arbeitnehmer durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, habe er Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs in bar, so das Arbeitsgericht. dpa/nd
Streikbrecher: Prämien sind für sie zulässig
Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeitern eine Prämie anbieten, wenn sie nicht bei einem Streik mitmachen. Das geht aus dem »Rechtsprechungs-Report Arbeitsrecht« (Ausgabe 1/2017) der »Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht« hervor. Dabei geht es um einen Fall vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 2 Sa 787/16). Grundsätzlich sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, keinen Arbeitnehmer zu diskriminieren, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das sei hier jedoch nicht gegeben.
Im verhandelten Fall wurde der Nahverkehr in Brandenburg bestreikt. Der Arbeitgeber des Klägers bot allen Angestellten pro Tag 30 Euro brutto, wenn sie nicht am Streik teilnehmen. Der Kläger streikte dennoch und meinte, trotzdem auch die Streikprämie erhalten zu müssen. Er werde ansonsten benachteiligt, weil er sein Recht zu streiken wahrgenommen habe.
Die Klage war ohne Erfolg. Es sei keine Benachteiligung darin zu sehen, dass der Kläger keine Streikprämie bekommen hat, begründete das Gericht seine Entscheidung. dpa/nd
Krankenpfleger darf versetzt werden
Ein Krankenpfleger, der unbefristet und über Jahre auf einer bestimmten Station einer Klinik eingesetzt wurde, kann vom Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts auch versetzt werden. Dass sich der Beschäftigte gegenüber einem Rettungssanitäter aggressiv verhalten und bei einem Patienten die Blutentnahme verweigert hatte, sind ausreichende Gründe für eine Versetzung, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) RheinlandPfalz in Mainz am 3. Januar 2017 (Az. 5 Sa 110/16).
Geklagt hatte ein Krankenpfleger aus dem Raum Pirmasens, der seit 18 Jahren in der zentralen Notaufnahme arbeitete. Die Pflegedienstleitung hatte ihm die Tätigkeit dort unbefristet zugewiesen.
Doch 2015 versetzte die Klinik den Mann auf eine Normalstation, wo ein stressfreierer Dienst zu versehen ist. Grund waren zwei Vorfälle, die dem Krankenpfleger vorgeworfen wurden. So war er gegenüber einem Rettungssanitäter grob unflätig geworden, nachdem der mit einem in einem Rollstuhl sitzenden Patienten gegen einen Tisch gefahren war. In einem weiteren Fall hatte sich der Kläger geweigert, einem wiederholt behandelten schizophrenen Patienten Blut abzunehmen, weil der Kranke »erfahrungsgemäß aggressiv« sei. Er fürchtete Verletzungen. Hilfe von Kollegen hatte er jedoch nicht geholt.
Das LAG hielt die Versetzung auf die Normalstation für rechtmäßig. Die Arbeit in der Notaufnahme sei nicht im Arbeitsvertrag festgelegt worden. Allein die lange Verweildauer auf dieser Station im Krankenhaus sei kein Grund zur Annahme, dass der Kläger immer dort arbeiten könne.
Der Arbeitgeber habe in zulässiger Weise von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht. Die beiden Vorfälle stellten Verletzungen der arbeitsver- traglichen Pflichten dar, die die Versetzung begründen könnten, führte das Gericht aus. epd/nd
Vorstellungsgespräche nicht ohne Frauenbeauftragte
Frauenbeauftragte von Behörden müssen auch an Vorstellungsgesprächen mit ausschließlich männlichen Bewerbern beteiligt werden. Der Gesetzeswortlaut sehe hier eine Beschränkung der Beteiligungsrechte der Frauenbeauftragten nicht vor. Das geht aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bremen vom 23. Januar 2017 (Az. 1 LC 122/14) hervor. Damit bekam die Frauenbeauftragte des Bereichs Bauverwaltung und Gartenbauamt der Stadt Bremerhaven Recht.
Sie war an dem Ausschreibungsverfahren der Stelle eines Verkehrsingenieurs/einer Verkehrsingenieurin zunächst be- teiligt worden. Als jedoch nur Männer zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurden, sollte die Frauenbeauftragte daran nicht teilnehmen. Ein Beteiligungsrecht sei nicht gegeben, »weil der gesetzliche Auftrag der Frauenbeauftragten in einem solchen Fall nicht betroffen« sei, meinte die Stadt.
Dem widersprach das OVG. Die Frauenbeauftragte habe die gesetzliche Aufgabe, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen. »Dieser Zielsetzung kann auch die Teilnahme der Frauenbeauftragten an solchen Vorstellungsgesprächen dienen, zu denen nur männliche Bewerber eingeladen wurden«, urteilte das Gericht. Das Gesetz sehe hier keine Einschränkung vor. Dies gelte umso mehr, wenn mit der ausgeschriebenen Stelle eine Leitungsfunktion besetzt werden soll. epd/nd