Blindengeld bleibt bei der Beteiligung an Heimkosten außen vor
Urteile im Überblick
Bei der Heimunterbringung eines Sehbehinderten darf dessen angespartes Blindengeld nicht für die Berechnung der Kostenbeteiligung herangezogen werden. Das geht aus einem Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. Dezember 2016 (Az. S 62 SO 133/16) hervor, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist
Im verhandelten Fall ging es um einen stark sehbehinderten und geistig behinderten Mann aus Werl, der in einem Wohnheim lebt. Die Kosten dafür erbringt der kommunale Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Sozialhilfeleistung.
Bei der Berechnung der Kostenbeteiligung berücksichtigte der LWL das angesparte Blindengeld des Mannes als einzusetzendes Vermögen. Dagegen klagte der Betreuer des Mannes.
Die Heranziehung des Blindengeldes als einzusetzendes Vermögen stelle eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches (SGB) XII dar und sei deshalb unzu- lässig, urteilte das Gericht. Sehbehinderten, die in einem Heim leben, werde bereits ein deutlich reduziertes Blindengeld gezahlt. Das verbleibende Blindengeld könne daher nicht zusätzlich angerechnet werden.
Das Blindengeld ist eine monatliche Unterstützung als Nachteilsausgleich. Blinde Er- wachsene unter 60 Jahre haben in Nordrhein-Westfalen Anspruch auf monatlich 681,70 Euro Blindengeld. dpa/nd
Hartz-IV-Aufstocker können Hundehaftpflicht nicht absetzen
Zuverdienende Hartz-IV-Empfänger können eine Haftpflichtversicherung für ihre Hunde nicht vom Einkommen abziehen, um höhere Leistungen zu erhalten. Das Bundessozialgericht wies mit Urteil vom 8. Februar 2017 (Az. B 14 AS 10/16 R) die Klage einer Frau aus Castrop-Rauxel ab. Sie wollte, dass das Jobcenter die Versicherungskosten für ihre beiden Collies Maruscha und Cheyenne in Höhe von 14,61 Euro monatlich von ihrem Einkommen als Verlagsmitarbeiterin abzieht und ihr so höhere aufstockende Leistungen gewährt. Collies gelten in NRW als große Hunde und unterliegen damit der Versicherungspflicht. Laut Gesetz seien verpflichtende Versicherungen vom Einkommen abzuziehen, so die Anwältin.
Das BSG entschied dennoch, es bestehe kein Anspruch. Im Gegensatz zur ebenfalls verpflichtenden Auto-HaftpflichtVersicherung, deren Beiträge angerechnet werden, dienten die Hunde nicht der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Eine Tierhaltung sei trotz der Bedeutung der Tiere für ihre Halter zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht notwendig. dpa/nd
Sozialamt kann nicht auf Hausverkauf bestehen
Droht einer Sozialhilfebezieherin mit dem Verkauf ihres Eigenheims eine Verschlimmerung ihrer psychischen Erkrankung, darf das Sozialamt nicht die Veräußerung des Immobilienvermögens fordern. Auch wenn die Sozialhilfebezieherin in einem zu großen und damit nicht mehr angemessenen Eigenheim lebt, müsse der Verkauf des Hauses immer auch tatsächlich möglich sein, urteilte das Bundessozialgericht am 9. Dezember 2016 (Az. B 8 SO 15/15 R).
Konkret ging es um eine psychisch kranke Berlinerin, die Sozialhilfe als Darlehen bezog. Das Sozialamt lehnte die Gewährung der Sozialleistung als Zuschuss ab. Sie lebe in einem 118 Quadratmeter großen und damit nicht mehr angemessenen Eigenheim, welches verkauft werden könne, argumentierte die Behörde.
Ohne Erfolg wies die Frau auf ihre psychische Erkrankung hin. Ein Attest bescheinigte ihr, dass bei jeglicher Gefährdung ihres Hausgrundstücks sich ihre Erkrankung verschlimmern würde. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hielt die Sozialhilfegewährung auf Darlehensbasis für richtig. Wolle die Klägerin weiter in dem Haus leben, könne sie es ja notfalls beleihen.
Das Bundessozialgericht verwies das Verfahren an das Landessozialgericht zurück. Es rügte, dass die psychische Situation der Klägerin nicht berücksichtigt wurde. Auch sei nicht geklärt worden, ob die Immobilie veräußert oder beliehen werden kann, wenn die Frau weiterhin in ihrem Haus lebt. epd/nd
Kein Anspruch auf Hartz IV bei fehlendem Antrag
Wer keinen Antrag auf HartzIV-Leistungen stellt, kann das Geld später vom Jobcenter nicht rückwirkend einfordern. So urteilte das Sozialgericht Mainz am 5. Januar 2017 (Az. S 10 AS 816/15) und wies die Klage eines arbeitslosen Mannes ab. Der konnte sich nach eigenen Angaben wegen einer seelischen Erkrankung nicht mehr um seine Angelegenheiten kümmern. Wie es weiter hieß, hatte erst ein knappes halbes Jahr nach Auslaufen der Zahlungen eine in der Zwischenzeit bestellte Betreuerin dem Mann wieder zu Sozialleistungen verholfen. Eine rückwirkende Zahlung von Hartz IV hatte das Jobcenter dabei kategorisch ausgeschlossen.
Diese Entscheidung war laut Sozialgericht nicht zu beanstanden. Das Jobcenter habe rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraums ein neues Antragsformular zugesandt. Weitergehende Verpflichtungen, etwa den Gesundheitszustand des Mannes zu prüfen, hätten nicht bestanden, befand das Gericht.
Die Erkrankung des Mannes sei dem Jobcenter zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Eine rückwirkende Auszahlung von Hartz-IV-Leistungen sei gesetzlich nur bei Pflichtverletzungen seitens der Behörden oder in Fällen vorgesehen, in denen unverschuldet eine Frist versäumt worden sei. Ein fehlender Antrag könne hingegen kein Anlass für Nachforderungen sein. epd/nd