Wenn die Waschmaschine streikt
Assistance
Die Preisschlacht tobt auf dem Versicherungsmarkt. Die Versicherer versuchen, mit neuen Dienstleistungen die Kunden in teurere Verträge zu locken. Wer mehr will, zahlt drauf. Ob sich das lohnt, muss jeder für sich entscheiden. Von Hermannus Pfeiffer Die Preise sind am Boden. Suchmaschinen und Vergleichsportale im Internet wirken als Preisdrücker. Weil Schnäppchenjäger sich die billigsten Policen aus dem einst unübersichtlichen Markt heraussuchen können. Und Schnäppchenjagd, so schrieb jüngst ein Wirtschaftsblatt, gehört zu »den liebsten Hobbys der Deutschen«.
Auch klassische Kundenbindungsstrategien funktionieren nicht mehr so gut, wie noch während der goldenen Ära der Assekuranz, als Millionen früherer DDR-Bürger als Kunden gewonnen wurden. Und mit Dumpingangeboten vornehmlich in der Autoversicherung wurden lange vor allem junge Leute auch in der alten BRD angezogen. Später, so hoffte man, werde man den Neukunden höherpreisige Angebote, wie eine private Altersvorsorge, verkaufen können. Doch mittlerweile ver- dienen Versicherer in vielen Sparten kaum noch Geld. Der Spielraum für Lockangebote wurde daher geringer, und Preisnachlässe in der Autoversicherung gibt es kaum noch.
Um aus der Abwärtsspirale der Preise auszubrechen, setzen Versicherer verstärkt auf zusätzliche Dienstleistungen. Sie sollen ihnen höhere Einnahmen bringen. Verbrauchern bieten sie zugleich die Chance eines besseren Angebotes.
Besserer Service beginnt an der Absatzfront. Solide Firmen haben nur vergleichsweise wenige Stornofälle, in denen Kunden ihre Verträge kündigen. So werden bei Cosmos, Allianz und Debeka im Jahr lediglich 2 Prozent der laufenden Lebensversicherungsverträge gekündigt. Zum Vergleich: Bei Mylife, Targo und Deutsche Lebensversicherung liegt die Stornoquote laut Branchendienst »Map-Report« im zweistelligen Prozentbereich.
Tipp: Vor Abschluss eines Vertrages sollten Sie »ihren« Versicherer nach seiner Stornoquote fragen – im Branchenschnitt rund 3,3 Prozent. Reparatur statt Bargeld Fortgesetzt wird die Dienstleistungsoffensive bei der zügigen und scheinbar kulanten Bearbeitung von Schadenmeldungen. Im Kommen ist die sogenannte »Assistance« (franz. Beistehen), eine Dienstleistung, die Kunden von Versicherungen direkt hilft. Statt Geld gibt es praktische Lebenshilfe. So unterhalten Versicherer in Zusammenarbeit mit Autokonzernen eigene Pannenstationen, bieten menschliche Haushaltsassistenten in der Pflegeversicherung an oder einen Mobilitätsservice in der privaten Unfallversicherung. Manche Zusatzleistung wird von Verbraucherschützern als unnütz angesehen, weil eh abgesichert. Notwendig oder nicht? Neu ist Assistance bei einer der grundlegenden und wirklich notwendigen Versicherungsarten. So nimmt sich die Hausratversicherung des Branchenführers Allianz sogar einer Waschmaschine an. Lohnt es sich noch, einen Techniker für die fünf Jahre alte Maschine zu rufen? Für Allianzkunden angeblich ja. Dazu müssen sie allerdings die klassische Hausratversicherung um einen »Wohnungsschutzbrief« erweitern.
Darin ist ein Reparaturservice für Haushaltsgroßgeräte (Herde, Kühlschränke, Tiefkühlgeräte, Spülmaschinen, Waschmaschinen, Wäschetrockner) enthalten. Die Allianz übernimmt die Kosten für die Anfahrt des Technikers sowie die Diagnose des technischen Fehlers. Soll das Gerät repariert werden, wird die Arbeitszeit des Handwerkers für die Instandsetzung bezahlt. Die Kosten für Ersatzteile (über 25 Euro) müssen allerdings vom Kunden getragen werden.
Ein globales Projekt, schließlich ist einer der weltweit größten Versicherungskonzerne in über 70 Ländern aktiv. Den Waschmaschinenservice erhalten Allianzkunden nach einem Anruf bei »Allianz Worldwide Partners«. Rund um die Uhr über eine kostenfreie Notrufnummer.
Dank eines Dienstleisternetzwerks sei ein qualifizierter Techniker innerhalb »kurzer Zeit« verfügbar. Darüber hinaus sind neun weitere »Pannenhelfer« rund um das eigene Zuhause angeschlossen, etwa ein Schlüsselnotdienst, Rohrreinigungsservice oder die Entfernung von Wespennestern.
Umsonst gibt es die Zusatzleistung selbstverständlich nicht. Sie kostet »weniger als vier Euro im Monat«, wirbt die Allianz. Klingt wenig, ist es aber nicht unbedingt. Bis eine Waschmaschine fünf Jahre alt wird, haben Sie bereits 240 Euro an die Allianz überwiesen. Da die Inspektion einer kaputten Maschine durch einen Handwerker »nur« etwa 50 Euro kostet, ist die neue Policenart unterm Strich eher etwas für Pessimisten.