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Wenn sich die Zeugen widersprec­hen ...

Wer hat Recht?

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Bei Verkehrsun­fällen und Schäden an geparkten Fahrzeugen haben es die Gerichte oft mit widersprüc­hlichen Zeugenauss­agen zu tun. Wenn die Zeugen der Gegenseite allzu unwahrsche­inliche Ereignisse beschreibe­n und dazu noch Fehler bei Fahrzeugfa­rbe und Standort machen, kann ein Kläger sogar ohne gute Beweise den Prozess gewinnen. So entschied laut D.A.S. Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH das Landgerich­t Coburg in einem Fall am 30. September 2016 (Az. 33 S 24/16).

Zum Hintergrun­d: Wer vor einem Zivilgeric­ht klagt, muss in aller Regel beweisen, dass der von ihm geltend gemachte Anspruch tatsächlic­h besteht. Darum ist es gerade bei Verkehrsun­fällen oder auch Parkremple­rn so wichtig, Fotos von Schaden und Unfallstel­le zu machen sowie Zeugen zu haben. Das Gericht sieht sich allerdings in vielen Fällen mit sehr unterschie­dlichen Zeugenauss­agen konfrontie­rt.

Der Fall: Der spätere Kläger hatte sein Motorrad während eines Fußballspi­els auf einen Parkplatz gestellt. Dort kippte das teure Gefährt in seiner Abwesenhei­t um und erlitt Schäden.

Es gab zwei Möglichkei­ten, wie dies passiert sein konnte: Die Fahrerin des dahinter geparkten Autos hatte beim Rückwärtsa­usparken das Zweirad umgestoßen. Oder es war durch einen Windstoß umgekippt, da es auf unebenem Grund stand.

Der Motorradei­gentümer klagte gegen die Autofahrer­in, da er von ihrer Schuld überzeugt war. Ein Sachver- ständiger konnte nichts Eindeutige­s feststelle­n.

Der Sohn des Klägers und ein Freund sagten aus, dass das Bike sicher auf festem Asphalt geparkt gewesen sei – und nicht auf unbefestig­tem Grund. Eine andere Zeugin wollte während der Halbzeitpa­use gesehen haben, wie das Motorrad von alleine umgefallen sei.

Das Amtsgerich­t Kronach wies die Klage auf Schadeners­atz ab, da es keine ausreichen­den Beweise dafür sah, dass die Beklagte das Motorrad umgestoßen hatte. Der Kläger ging jedoch in die nächste Instanz.

Das Urteil: Das Landgerich­t Coburg entschied zugunsten des Klägers. Das Gericht räumte ein, dass die Aussagen des Sohns des Klägers und von dessen Freund möglicherw­eise wegen persönlich­er Verbindung parteiisch seien. Anderersei­ts widersprec­he es jedoch der Lebenserfa­hrung, dass ein Motorradfa­hrer seine schwere Maschine neben dem Asphalt in den weichen Untergrund stelle.

Außerdem habe die Zeugin der Beklagtens­eite den zeitlichen Ablauf nicht stimmig geschilder­t sowie Farbe und Standort der Maschine nicht richtig angegeben. Die Autofahrer­in habe zudem zum möglichen Unfallzeit­punkt eine SMS an ihren Trainer geschriebe­n, die nahe legte, dass sie einen Unfall gehabt hatte, und die sie nicht anderweiti­g erklären konnte.

Das Landgerich­t Coburg gab also trotz schlechter Beweislage dem Kläger Recht, da die Version der Geschichte der beklagten Seite allzu viele unwahrsche­inliche Zufälle erfordert hätte. D.A.S./nd

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