Punktsieg für Ankara
Gerade weil der türkische Außenminister den deutschen Amtskollegen Gabriel gestern öffentlich »seinen Freund« nannte, sollte das wohl im Umkehrschluss heißen: Auf das Verhältnis beider Staaten trifft dies aus Sicht der Türkei auf keinen Fall zu. Wer dennoch an so etwas wie ein Einlenken Ankaras glauben mochte, dem half Cavusoglu direkt nach seinem Gespräch mit Gabriel unmissverständlich auf die Sprünge. Die rote Linie – keine Nazi-Vergleiche mehr! –, die der deutsche Außenminister gezogen zu haben meinte, übertrat sein türkischer Partner nur Stunden später mutwillig und locker. Im Boxen hieße das: Punktsieg für Ankara.
Kein Zweifel: Ankara hat die deutschen Politik-Grundsätze gegenüber der Türkei offenbar perfekt analysiert und erkannt, dass da nicht viel mehr ist als eine schwammige Unentschlossenheit. Also treibt man den deutschen Bündnispartner ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten und lustvoll Porzellan zerschlagend weiter genüsslich vor sich her.
Und jede neue Absage einer großtürkischen Veranstaltung in Deutschland scheint dem türkischen Präsidenten Erdogan mindestens so viel zu nützen wie ihr Stattfinden. Wie immer man dazu stehen mag – es stellt der deutschen Exekutive ein elendes Zeugnis aus, dass sie sich dabei noch immer hinter kommunalen Entscheidungsträgern versteckt.