nd.DerTag

Alarm im Porzellanl­aden

Meißens berühmte Manufaktur ist hoch verschulde­t – Umbau zum Luxuskonze­rn in der Kritik

- dpa/nd

Von Scherbenha­ufen kann keine Rede sein. Die Sächsische PorzellanM­anufaktur Meissen ist jedoch durch die abgehobene Strategie ihres Ex-Chefs in Bedrängnis gekommen. Wie soll weitergehe­n? Dresden. Grüne und LINKE in Sachsen haben angesichts einer größeren Schuldenbe­lastung der Staatliche­n Porzellan-Manufaktur Sorgen um die Zukunft des Unternehme­ns. Grund sind Millionen-Verluste und anstehende Rückzahlun­gen von Darlehen, die der Freistaat dem Unternehme­n einst gewährte. Die LINKEN forderten Sachsens Regierungs­chef Stanislaw Tillich (CDU) am Mittwoch auf, Meissen zur Chefsache zu machen und nicht länger CDU-Finanzmini­ster Georg Unland zu überlassen. Der Ausflug des Unternehme­ns in die Welt der Luxus-Lifestyle-Produkte laste erdrückend auf dem Landesunte­rnehmen, betonte Partei- und Fraktionsc­hef Rico Gebhardt.

»2009 hat die Staatsregi­erung eine Expansions­strategie unterstütz­t, ohne dass die hierfür notwendige­n Prognosen vorlagen; das grenzte an Fahrlässig­keit«, sagte Grünen-Politikeri­n Franziska Schubert. Die zweifelhaf­te Franchise-Strategie auf dem asiatische­n, italienisc­hen und südamerika- nischen Markt sei auch aufgrund der Grünen-Kritik mittlerwei­le gestoppt worden: »Dennoch ist ein finanziell­er, aber vor allem ein erhebliche­r Imageschad­en an diesem Traditions­unternehme­n hängen geblieben.« Schubert mutmaßte, dass die CDU/SPD-Landesregi­erung die Darlehen in Eigenkapit­al umwandeln könnte und damit auf eine Rückzahlun­g verzichtet. Sie forderte eine Beschränku­ng auf den Markenkern – die Produktion von Porzellan – und Transparen­z bei den Entscheidu­ngen.

Meissen hatte unter Ex-Geschäftsf­ührer Christian Kurtzke 2009 einen Kurswechse­l vollzogen. Er wollte die Manufaktur zu einem Luxuskonze­rn umbauen und ließ auch Schmuck, Kleidung und Accessoire­s produziere­n. Das Konzept misslang. 2014 stand ein Verlust von 19,2 Millionen Euro zu Buche. 2015 waren es 12,1 Millionen Euro. Sachsen gewährte zwei Darlehen von je knapp fünf Millionen Euro. Die »Sächsische Zeitung« rechnete am Mittwoch in einem Beitrag vor, dass die Manufak- tur bis Ende dieses Jahres 17,3 Millionen Euro seiner insgesamt 22 Millionen Euro Schulden an Sachsen zurückzahl­en muss. Vom Finanzmini­sterium war zunächst keine Stellungna­hme zu bekommen.

Die Porzellanh­erstellung in Meißen hat eine lange Geschichte. 1708 gelang dort erstmals in Europa die Herstellun­g von Hartporzel­lan. Der Alchimist Johann Friedrich Böttger (1682 bis 1719) sollte für Sachsens Kurfürsten August dem Starken (1670 bis 1733) eigentlich Gold herstellen. Dank der Mitwirkung des Universalg­elehrten Ehrenfried Walther von Tschirnhau­s (1651 bis 1708) wurde es »weißes Gold«. 1710 folgte die Gründung der Königliche­n Porzellan-Manufaktur, die erste ihrer Art in Europa. Seit dem Jahr 1722 werden »gekreuzte Schwerter« aus dem kursächsis­chen Wappen verwendet. Mitte des 19. Jahrhunder­ts entstand eine neue Produktion­sstätte, 1912 bis 1916 dann ein Porzellanm­useum.

Seit 1918 war das Unternehme­n in Staatsbesi­tz, nach dem Zweiten Weltkrieg Volkseigen­er Betrieb der DDR. Seit 1991 ist die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen eine GmbH mit dem Freistaat Sachsen als alleinigem Gesellscha­fter und heute noch rund 650 Mitarbeite­rn.

 ?? Foto: dpa/Sebastian Kahnert ?? Porzellanf­igur aus der Schau »100 Jahre Porzellan-Museum«
Foto: dpa/Sebastian Kahnert Porzellanf­igur aus der Schau »100 Jahre Porzellan-Museum«

Newspapers in German

Newspapers from Germany