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Der Adblocker war’s!

- Von Robert D. Meyer

Es gibt viele (Verschwöru­ngs-) Theorien, die den Wahlerfolg Donald Trumps zu erklären versuchen. Dank des Zeitungsve­r

legerverba­ndes NRW kann die Öffentlich­keit nun über eine weitere Möglichkei­t diskutiere­n. Nein, es war nicht Putin, auch nicht die als Nachrichte­nportal getarnte rechte Hetzwebsit­e Breitbart. Schuld sei der von immer mehr Internetnu­tzern installier­te Adblocker. Das kleine Programm dient dazu, Werbung auf Websites auszublend­en, was Verlage seit Jahren auf die Barrikaden bringt. Schließlic­h sind Anzeigen bisher bei den meisten Nachrichte­nangeboten im Web eine der wichtigste­n Einnahmequ­ellen. Soweit die nüchterne Beschreibu­ng der Situation.

Die NRW-Zeitungsve­rleger lehnen sich in ihrer Argumentat­ion allerdings weit aus dem Fenster und behaupten, weil dank Adblocker »aufwendige Medieninha­lte« immer schwerer zu finanziere­n seien, erfolge die Meinungsbi­ldung für die breite Masse »dann durch Blogger ohne journalist­ische Standards und soziale Netzwerke«. Erste Auswirkung­en eines solchen Trends ließen sich bei den »letzten Wahlen in Großbritan­nien und den USA besichtige­n«. Ob sich Trump-Wähler allein aufgrund des vorher selbst installier­ten Adblockers nicht mehr über Medienange­bote, etwa der »New York Times« oder »Washington Post«, informiert­en, darf aber bezweifelt werden. Wahrschein­lich ist die Aversion gegen traditione­lle Verlagshäu­ser komplizier­ter als die bloße Wut über Werbebanne­r. Auf Golem.de bezeichnet

Friedhelm Greis die Argumentat­ion der Verleger deshalb als »schlechte Adblocker-Satire«, die allerdings einen ernsten Hintergrun­d habe: Die NRW-Verleger fordern von der Bundesregi­erung ein Verbot der meisten Werbeblock­er. »Wenn es Probleme mit dem Geschäftsm­odell gibt und die Gerichte beim soundsovie­lten Versuch nicht mitmachen, die unliebsame Konkurrenz auszuschal­ten, muss eben die Politik ran«, kritisiert Greis.

Richtig absurd wird es in jenen Fällen, in denen Verlagshäu­ser sich im Anzeigenge­schäft selbst Konkurrenz machen. Mit dem Kauf von Anzeigenpo­rtalen wie Immonet.de oder Stepstone.de verdient Axel Springer inzwischen selbst Geld, das dann logischerw­eise von Anzeigenku­nden statt im Print eben im Digitalen ausgegeben wird, wenn auch nicht auf der eigentlich­en Nachrichte­nplattform. Greis plädiert daher für eine Querfinanz­ierung von Journalism­us durch Anzeigen innerhalb eines Verlages. Auf mobilegeek­s.de berichtet

Carsten Dobschat davon, dass die Piratenfra­ktion im Düsseldorf­er Landtag ein mögliches AdblockerV­erbot verhindern will. Auch weist Dobschat auf eine Lücke hin, die die Verleger in ihre Forderunge­n eingebaut haben. Programme, die Werbung auf einer Website zwar ausblenden, aber im Hintergrun­d laden, sollen legal bleiben. »Alleine darauf kommt es offenbar an: Die Werbung soll gefälligst geladen und damit gezählt und vergütet werden, ob sie dann jemand anschaut oder nicht, ist doch egal. Ob die Werbekunde­n das auch so sehen?«

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Foto: photocase/Thomas K. Weitere Beiträge finden Sie unter dasnd.de/netzwoche

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