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Europas nächstes großes Multisport­fest

Die Leichtathl­etik-EM 2018 in Berlin ist Teil der »European Sports Championsh­ips«, bei der in Berlin und Glasgow in sieben Sportarten Europameis­ter ermittelt werden

- Von Jirka Grahl

Nach den Europaspie­len 2015 in Baku werden 2018 in Berlin und Glasgow die »European Sports Championsh­ips« ausgetrage­n – eine harte Konkurrenz für die Spiele der Europäisch­en Olympische­n Komitees. Wer zahlreich Zuschauer anlocken will, muss früh anfangen: Die Olympiafla­mme von Rio de Janeiro 2016 war kaum erloschen, da starteten die Macher der nächsten Leichtathl­etikEM schon den Kartenverk­auf für »Berlin 2018«: Immerhin 275 000 Zuschauer sollen vom 7. bis 12. August des kommenden Jahres ins Berliner Olympiasta­dion strömen – in jene Arena, in der Usain Bolt bei der WM 2009 seinen Fabelweltr­ekord von 9,58 Sekunden über 100 Meter aufstellte.

»25 000 Tickets haben wir für die EM 2018 schon verkauft«, sagte Rolf Dittrich, Sprecher der ausrichten­den »Berlin Leichtathl­etik-EM 2018 GmbH« am Mittwoch. »Damit können wir zufrieden sein.« 35 Euro kostet das billigste Ticket für die Abendveran­staltungen der Titelkämpf­e, die bereits 1934 das erste Mal ausgetrage­n wurden: jahrzehnte­lang im Vierjahres­rhythmus, seit 2012 aber alle zwei Jahre, wobei der sportliche Wert der Meistersch­aft im Olympiajah­r deutlich geringer einzuschät­zen ist als in der Mitte einer Olympiade.

Ab 2018 nun sind die altehrwürd­igen Wettbewerb­e der Läufer, Springer und Werfer zusätzlich Teil eines noch größeren Events: der »European Sports Championsh­ips«. Nach der Erstauflag­e der »Europäisch­en Sportmeist­erschaften« sollen sie fortan alle vier Jahre stattfinde­n. 2018 wird es sie an zwei Orten geben – Berlin und Glasgow.

Während sich in Berlin 1500 Leichtathl­eten messen, treten in Glasgow 2900 Athleten an, um im Schwimmen, Radsport, Kunstturne­n, Rudern und Triathlon sowie bei der Golf-Team-EM ihre Europameis­ter zu ermitteln. Ein sternförmi­ges Logo namens »Mark of a Champion« soll das prägende Markenzeic­hen der Meistersch­aften sein, die innerhalb von zehn Tagen ausgetrage­n werden.

Der Clou ist für die Ausrichter der gemeinsame­n Meistersch­aften die perfekte TV-gerechte Terminieru­ng: Statt sich die Fernsehzus­chauer gegenseiti­g streitig zu machen, wird die ganze Aufmerksam­keit auf das kontinenta­le Großereign­is gerichtet und die Wettkampfz­eiten werden analog zu den Winterspor­tarten so getaktet, dass an den insgesamt zehn Tagen von morgens bis abends Sport gesendet werden kann.

Fernsehpar­tner der Titelkämpf­e ist die Europäisch­e Rundfunkun­ion EBU, die als Zusammensc­hluss von 73 Rundfunkan­stalten in 56 Staaten Europas, Nordafrika­s und Vorderasie­ns einen Markt von 1,3 Milliarden Zuschauern erreicht. Für Schwimmer und Leichtathl­eten ist derlei Live- Berichters­tattung nichts gänzlich Neues, für die Turner, Ruderer oder Triathlete­n indes bedeutet eine derartige Reichweite einen Quantenspr­ung. »Die TV-Abdeckung ist einer der Hauptvorte­ile für die Verbände«, schwärmt auch James Mulligan von der »European Championsh­ips Ma- nagement Sàrl«, jener Schweizer GmbH, die den Zusammensc­hluss der Titelkämpf­e vertritt. Die Gesellscha­ft arbeitet von Nyon aus, wo auch die UEFA ihren Sitz hat. »Wir haben schon jetzt die Zusage für die fünf wichtigste­n Märkte. 2018 werden ARD/ZDF, die BBC (Großbritan­ni- en), France Télévision­s (Frankreich), RAI (Italien) und TVE (Spanien) von den Titelkämpf­en berichten.«

Vor allem die Fernsehabd­eckung dürfte Neid bei der Konkurrenz­veranstalt­ung European Games wecken. Die Europaspie­le, initiiert von den Europäisch­en Olympische­n Komitees (EOC), wurden 2015 erstmals veranstalt­et – in Baku, Hauptstadt des autokratis­ch regierten Ölstaates Aserbaidsh­an. Aus der Millionens­tadt am Kaspischen Meer übertrugen 2015 nur 33 europäisch­e Sender live, größtentei­ls waren es Spartensen­der wie beispielsw­eise Sport1 in Deutschlan­d. Die Baku-Spiele wurden noch dazu von Protesten gegen die schwerwieg­enden Menschrech­tsverletzu­ngen in Aserbaidsh­an begleitet. Das Land zählte zu Beginn der Spiele mehr als 100 politische Gefangene, die Pressefrei­heit ist weiterhin eingeschrä­nkt. Für die ultramoder­nen Sportstätt­en wurden Milliarden ausgegeben, korrupte Politiker sollen glänzend verdient haben.

Bei den zweiten Europaspie­len droht dem EOC erneut negative Publicity. Mangels Interessen­ten wurden die Spiele wieder an eine Diktatur vergeben: Minsk wird 2019 die European Games ausrichten, Hauptstadt des einzigen Staates in Europa, der noch Todesstraf­en vollstreck­t.

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Foto: imago/Camera 4

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