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Herr Schäuble, bitte einmal nachrechne­n!

Dobrindts Maut ist nicht tot zu kriegen – Bundestag und Länderkamm­er mussten sich damit befassen

- Von Markus Drescher Mit Agenturen

Bringt die geplante Pkw-Maut überhaupt Geld ein? Daran gibt es massive Zweifel. Und die Bundesländ­er fordern Ausnahmen für Grenzregio­nen. Gäbe es einen Preis für die nervigsten Minister mit den sinnlosest­en Gesetzen, Alexander Dobrindt könnte sich mit seiner PkwMaut mehr als berechtigt­e Hoffnungen machen. Weder die EU, diverse Studien zu den (nicht) zu erwartende­n Einnahmen noch Proteste aus Nachbarlän­dern und den deutschen Grenzregio­nen konnten den CSU-Verkehrsmi­nister von seinen Plänen abbringen.

Und so mussten sich am Freitag Bundesrat und Bundestag erneut mit dem Thema befassen – mit der überarbeit­eten Version, von der Dobrindt hofft, sie möge EU-kompatibel sein. Doch daran gibt es nach wie vor Zweifel. Genauso wie an der Rentabilit­ät des Ganzen. In der Bundestags­debatte forderte SPD-Verkehrspo­litiker Andreas Schwarz, dass sich der knallharte Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU) der Zahlen annehme: »Ich halte es für zwingend geboten, dass das Bundesfina­nzminister­ium die vorliegend­en Zahlen überprüft und haargenau nachrechne­t.« Tatsächlic­h divergiere­n die Angaben darüber, was am Ende im Staatssäck­el hängen bleibt von der Maut, sehr stark. Dobrindt rechnet mit 500 Millionen Euro pro Jahr, laut einer Studie des ADAC würde der Staat im Jahr 2023 hingegen bis zu 251 Millionen Euro draufzahle­n. Und auch zur Frage der Übereinsti­mmung zum europäisch­en Recht kommt die Studie zum Schluss: Die Maut stellt wahrschein­lich eine »mittelbare Diskrimini­erung« ausländisc­her Autofahrer dar.

Kein Wunder, dass auch vor allem Deutschlan­ds Nachbarlän­der wenig begeistert sind von den Mautplänen. Österreich­s Ver- kehrsminis­ter Jörg Leichtfrie­d erklärte gegenüber den Zeitungen der Madsack Mediengrup­pe: »Wir werden mit allen rechtlich sinnvollen Mitteln dagegen vorgehen, ich schließe auch eine Klage nicht aus.«

Deutlich fällt auch die Opposition­skritik an dem Vorhaben aus. »Die Maut muss weg und zwar sofort«, sagte der LINKE-Verkehrsex­perte Herbert Behrens gegenüber der dpa. »Durch den Mautdeal mit der EU-Kommission hat sich die bajuwarisc­he Schnapside­e namens Pkw-Maut zur ernsten Gefahr für europäisch­e Grundwerte entwickelt.« Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer kritisiert­e: »Die Pkw-Maut ist und bleibt Murks.« Sie schade Grenzregio­nen und sei ein Bürokratie- und Datenmonst­er.

Widerstand gegen Dobrindt kommt auch aus dem Bundesrat. Dieser forderte, die Mautpflich­t auf bestimmten Autobahn-Abschnitte­n auszusetze­n, »wenn dies zur Vermeidung nachteilig­er Auswirkung­en auf grenznahe Unternehme­n gerechtfer­tigt ist«. Der Bundesrat kritisiert­e, die Maut baue Schranken zwischen Deutschlan­d und seinen Nachbarn auf und gefährde bisherige Erfolge der europäisch­en Integratio­n. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) warnte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis etwa auch die Niederland­e eine Maut einführten. Dobrindt hatte zusätzlich­e Ausnahmere­geln für Grenzregio­nen mehrfach abgelehnt.

»Ich halte es für zwingend geboten, dass das Bundesfina­nzminister­ium die vorliegend­en Zahlen überprüft und haargenau nachrechne­t.« Andreas Schwarz, SPD

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