Tarifziel verfehlt
Die erfolgreiche Schlichtung des Tarifkonflikts bei der Deutschen Bahn AG wird bei vielen Bahnkunden für Erleichterung sorgen. Doch vielen Mitarbeitern des Fahrpersonals dürfte sie eher übel aufstoßen. Die in der vergangenen Dekade stets recht kämpferisch agierende GDL hat diesmal erstaunlich geräuschlos klein beigegeben. Darüber kann auch Claus Weselskys rhetorische Floskel von den erreichten »Kernzielen« nicht hinwegtäuschen. Eine tarifvertragliche Verankerung von Schichtplänen, die verbindlich sowohl zwei Ruhenach fünf Arbeitstagen als auch Ruhezeitpläne für ein Kalenderjahr vorsehen, wird es nicht geben. Ob die vereinbarten »Einstiege« in bessere Schichtregelungen mittels Betriebsvereinbarungen und »Modellversuchen« die ungeheure Belastung des Fahrpersonals und die mangelnde Planbarkeit von Freizeit und Urlaub merklich eindämmen werden, kann zumindest bezweifelt werden.
Es mag viele Gründe für die defensive Haltung der GDL geben. Ein gewichtiger dürfte das Tarifeinheitsgesetz sein, das wie ein Damoklesschwert über den Spartengewerkschaften hängt, da es ihnen faktisch das Recht nimmt, eigene Tarifverträge durchzusetzen. Und vor der in diesem Jahr erwarteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über dieses Gesetz wollte man wohl wenig Staub aufwirbeln. Doch mit allzu defensiver Haltung haben Gewerkschaften noch nie einen Blumentopf gewonnen.