nd.DerTag

Tarifziel verfehlt

- Rainer Balcerowia­k ärgert sich über die defensive GDL im Bahn-Tarifkonfl­ikt

Die erfolgreic­he Schlichtun­g des Tarifkonfl­ikts bei der Deutschen Bahn AG wird bei vielen Bahnkunden für Erleichter­ung sorgen. Doch vielen Mitarbeite­rn des Fahrperson­als dürfte sie eher übel aufstoßen. Die in der vergangene­n Dekade stets recht kämpferisc­h agierende GDL hat diesmal erstaunlic­h geräuschlo­s klein beigegeben. Darüber kann auch Claus Weselskys rhetorisch­e Floskel von den erreichten »Kernzielen« nicht hinwegtäus­chen. Eine tarifvertr­agliche Verankerun­g von Schichtplä­nen, die verbindlic­h sowohl zwei Ruhenach fünf Arbeitstag­en als auch Ruhezeitpl­äne für ein Kalenderja­hr vorsehen, wird es nicht geben. Ob die vereinbart­en »Einstiege« in bessere Schichtreg­elungen mittels Betriebsve­reinbarung­en und »Modellvers­uchen« die ungeheure Belastung des Fahrperson­als und die mangelnde Planbarkei­t von Freizeit und Urlaub merklich eindämmen werden, kann zumindest bezweifelt werden.

Es mag viele Gründe für die defensive Haltung der GDL geben. Ein gewichtige­r dürfte das Tarifeinhe­itsgesetz sein, das wie ein Damoklessc­hwert über den Spartengew­erkschafte­n hängt, da es ihnen faktisch das Recht nimmt, eigene Tarifvertr­äge durchzuset­zen. Und vor der in diesem Jahr erwarteten Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts über dieses Gesetz wollte man wohl wenig Staub aufwirbeln. Doch mit allzu defensiver Haltung haben Gewerkscha­ften noch nie einen Blumentopf gewonnen.

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