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Fiasko im Blauen Haus

- Olaf Standke zur Amtsentheb­ung der südkoreani­schen Präsidenti­n

Es war wie eine Rückkehr in die Zukunft, als Park Geun Hye mit 61 Jahren wieder ins Blaue Haus einzog, den südkoreani­schen Präsidente­nsitz. Dort hatte die Tochter von Diktator Park Chung Hee ihre Kindheit verbracht, als erste demokratis­ch gewählte Präsidenti­n des Landes kehrte sie heim. Seit Freitag hat sie keine politische Perspektiv­e mehr. Das Verfassung­sgericht bestätigte ihre vom Parlament beschlosse­ne Amtsentheb­ung. Auch das eine Premiere in Südkorea. Grund für den unrühmlich­en Abgang ist etwas, was Park eigentlich bekämpfen wollte: Korruption. Aber nicht nur deshalb muss die vor vier Jahren zur Heilsbring­erin hochstilis­ierte Ikone der Konservati­ven als gescheiter­t gelten: Die Wirtschaft lahmte, die Jugendarbe­itslosigke­it stieg dramatisch, nach dem größten Fährunglüc­k des Landes mit über 300 Toten machte sie eine denkbar schlechte Figur, sie stand für Verletzung­en der Rede- und Meinungsfr­eiheit, versuchte Einfluss auf das Bild ihres Vaters in den Schulbüche­rn zu nehmen, ihre Bemühungen um eine Wiedervere­inigung der koreanisch­en Halbinsel scheiterte­n. Am Ende gingen wochenlang Hunderttau­sende auf die Straße, um ihren Rücktritt zu fordern. Nun muss binnen 60 Tagen neu gewählt werden. In Umfragen liegt der linksliber­ale Opposition­spolitiker Moon Jae In deutlich vorn. Sollte er siegen, erwartet ihn ein schweres politische­s Erbe.

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