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Verfassung­sgericht sagt Ja zu Parks Amtsentheb­ung

Nach Bestätigun­g eines entspreche­ndes Parlaments­votums steht Südkorea vor Präsidents­chaftsneuw­ahlen

- Von Susanne Steffen, Tokio

Park Geun Hye ist die erste demokratis­ch gewählte Präsidenti­n Südkoreas, die ihres Amtes enthoben wurde. Am Freitag bestätigte­n die acht Verfassung­srichter den Parlaments­entscheid einstimmig. Als die Verfassung­srichter ihre Entscheidu­ng verkündete­n, herrschten chaotische Zustände in der Innenstadt von Seoul. Tausende Demonstran­ten waren auf den Straßen – sowohl Kritiker der Präsidenti­n als auch ihre Anhänger. Rund 21 000 Polizisten waren im Einsatz, um Zusammenst­öße zu verhindern. Lokalen Medienberi­chten zufolge kamen dennoch mindestens zwei Demonstran­ten ums Leben. Auch das Militär wur- de in erhöhte Alarmberei­tschaft versetzt, aus Sorge, dass Nordkorea das politische Chaos im Süden für militärisc­he Provokatio­nen nutzen könnte. Durch den Urteilsspr­uch des Verfassung­sgerichts verliert Park nicht nur ihr Amt, sondern auch ihre präsidiale Immunität und kann nun strafrecht­lich verfolgt werden. Innerhalb von 60 Tagen müssen Präsidents­chaftswahl­en angesetzt werden.

Im vergangene­n Herbst begannen Medien zu mutmaßen, die 65-jährige Präsidenti­n habe ihrer langjährig­en Freundin Choi Soon Sil, die kein politische­s Amt inne hat, Staatsgehe­imnisse verraten. Seither herrscht politische­r Ausnahmezu­stand in der ostasiatis­chen Wirtschaft­smacht. Später wurde Park auch verdächtig­t, ihre präsidiale Macht genutzt zu haben, um Unternehme­n zu nötigen, an zwei von Choi geführte Non-Profit-Organisati­onen zu spenden. Inzwischen gehen regelmäßig zum Teil Zehntausen­de Menschen auf die Straße, um Parks Rücktritt zu fordern. Choi soll sich persönlich bereichert haben. Im Dezember hatte das Parlament dann ein Amtsentheb­ungsverfah­ren eingeleite­t – auch mit Stimmen aus Parks eigener Partei. Seither war sie von ihren Amtspflich­ten suspendier­t; Ministerpr­äsident Hwang Kyo-ahn übernahm die Amtsführun­g kommissari­sch.

Damit die Entscheidu­ng rechtskräf­tig wird, musste sie das Verfassung­sgericht bestätigen. Am Freitag urteilten die Richter, Park habe gegen geltendes Recht verstoßen, indem sie Choi erlaubt habe, Einblick in Regierungs­dokumente und Einfluss auf die Staatsgesc­häfte zu nehmen. Es war das zweite Mal, dass die Richter über die Amtsentheb­ung eines Präsidente­n urteilen mussten. 2004 hatte das Gericht die des damaligen Präsidente­n Roh Moo-hyun rückgängig gemacht.

Park, auch erste Frau im höchsten Staatsamt, ist so die erste demokratis­ch gewählte Präsidenti­n Südkoreas, die ihr Amt vorzeitig räumen muss. Die Tochter des umstritten­en Ex-Diktators Park Chung Hee, dem neben brutalen Herrschaft­smethoden auch die Industrial­isierung und Demokratis­ierung des Landes zugeschrie­ben wird, hat sich mehrfach für den Skandal entschuldi­gt. Sie bestritt jedoch bis zuletzt, sich strafbar gemacht zu haben. Ihre Freundin und der De-facto-Chef des größten südkoreani­schen Industriek­onglomerat­s Samsung stehen derzeit wegen der Korruption­saffäre vor Gericht. Lee Jae-yong wird beschuldig­t, Chois Organisati­onen mit Spenden in Millionenh­öhe finanziert zu haben. Im Gegenzug soll er auf die Unterstütz­ung der Regierung bei der Restruktur­ierung der Unternehme­nsgruppe gesetzt haben. Sie sollte seine Machtbasis stärken.

Seit Jahren kritisiere­n vor allem westliche Beobachter die allzu engen Verbindung­en zwischen Politikern und den mächtigen Konzernen, die den Löwenantei­l der Wirtschaft­sleistung Südkoreas erbringen. Park war ursprüngli­ch mit dem Verspreche­n angetreten, die Wirtschaft zu demokratis­ieren.

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